17:00 DIOGENES IN FREIBURG
Deutschland 2016 | Regie: Bodo Kaiser, Siggi Held | 75 Min. | dt. OF
Anfang der achtziger Jahre erlebte die Bundesrepublik die bis dahin größte Welle von Hausbesetzungen. In Stadt und Land brachte man es auf über 400 besetzte Häuser. Spielte der maoistische KBW während der ersten Häuserkampfbewegung um die Freiau 1975 in Freiburg noch eine gewisse Rolle, standen die nachfolgenden Auseinandersetzungen (zum Beispiel Dreisameck, Schwarzwaldhof) eher unter dem Zeichen der Verwirklichung alternativer Kultur- und Lebensformen. In dem Zusammenhang war die »Szene« in unterschiedliche Blöcke aufgeteilt: Aufgeklärte und politisch interessierte Bürger, politisierte Intellektuelle, linksgerichtete Dozenten und Student*innen, Mitglieder kommunistisch organisierter Gruppen, Kulturszene, Autonome, Halbautonome, Punkszene, usw. Sie stellten jenen Mix dar, der es schaffte, Demonstrationen von 10.000 Menschen zu mobilisieren. Diogenes in Freiburg beleuchtet diesen Prozess ausführlich, indem er sowohl die »Szene« als auch die »Stadtpolitik« mit Interviews, dokumentarischem Material und »Zwischenspielen der Hausbesetzerinnen und Hausbesetzer« auf informative und unterhaltsame Art und Weise vor Augen führt.
18:15 PASST BLOSS AUF
Ein Film aus der Kultur von unten der Medienwerkstatt Freiburg
BRD 1982 | 75 Min.
Die Besonderheit dieses Videofilms liegt nicht darin, dass hier Hausbesetzer, Punks, Demos, bemalte Wände gezeigt werden, sondern wie sie gezeigt werden. Die Bilder werden nicht analysiert, kommentiert, erklärt, die verschiedenen Bildfolgen nicht an- oder abmoderiert; der Film führt Szenen, Fragmente, Einblicke vor, deren Zusammenhang der Zuschauer selbst herstellen muss. Es ist eine Videomontage aus der Sicht der Hausbesetzer- und Jugendbewegung der 80er Jahre, die das Lebensgefühl dieser Bewegung zum Ausdruck bringt und den Bildern der herrschenden Kultur entgegensetzt. Bilder, die so nicht zusammengehören und doch nur so einen Sinn ergeben. Einer Hausräumung folgt ein Fest, gefolgt durch die Observation des Staatsschutzes. Es gibt Bambule in der Innenstadt, es werden technische Sinnlosigkeiten verkauft, es wird gefrühstückt, und die Staatsgewalt knüppelt ein Straßenfest zusammen. Die Punks leben ihr Endzeitgefühl, während andernorts im Schwarzwaldbunker „besonders schützenswertes Kulturgut“ mikroverfilmt in Stahlbehältern auf eine strahlende Zukunft wartet. „Die Situation ist hoffnungslos – aber nicht ernst“ steht auf einem Grafitti eines Treppenhauses. Nur weil die Wirklichkeit ein Stück weit nicht ernst genommen wird, ist sie zu ertragen. In der spielerischen Selbstbehauptung lag die Stärke der Bewegung und liegt die Stärke dieses Films. Es ist die Montage einer Realität, die angehalten und in Einzelteile zerlegt, wieder zusammengesetzt wurde.
Anschließende Diskussion mit dem Filmemacher Siggi Held und Wolfgang Stickel von der Medienwerkstatt