„Waffenexporte stoppen!“ – viel mehr ist kaum übrig geblieben von linker Kritik an den Verhältnissen der Staaten zueinander: Kein Gewehr, kein Panzer soll Deutschland verlassen, egal warum und wohin. Was klingt wie der vielleicht naive, aber doch verständliche Wunsch, an Mord und Totschlag weltweit nicht beteiligt sein zu wollen, entpuppt sich bei näherer Betrachtung als Engagement für den deutschen Staat.
Den Waffenhandel generell verbieten und gleichzeitig von der Produktion dieser Waffen nichts wissen zu wollen, diese paradoxe Position der Waffenexportgegner von Friedensbewegung bis SPD verweist auf eine doppelte Einfühlung in den Staat als Gewaltmonopolisten und ideellen Gesamtkapitalisten. „Einfühlung in den Tauschwert macht noch Kanonen zu demjenigen Konsumgegenstand, der erfreulicher ist als Butter“, schreibt Walter Benjamin 1938 in einem Brief an Adorno. Als Staatsbürger will man sich ganz in diesem Sinne nicht nur „milliardenschwer“, sondern auch bis an die Zähne bewaffnet fühlen. Als Deutscher jedoch muss man zugleich die Sehnsucht nach Omnipotenz nicht zuletzt vor sich selbst in die Forderung nach dem Ende von Waffenexporten kleiden, um so die eigenen geopolitischen Ambitionen als Dienst am Allgemeinen, am „friedlichen Zusammenleben der Völker“, wie es im Grundgesetz heißt, verkaufen zu können. Mit der Kritik an den Waffenexporten einher geht das Eintreten für eine Politik, die keine sein will. Deutsche Politik ist Politik mit antipolitischer Rhetorik, die keine Gegner oder Konkurrenten, sondern nur uneinsichtige Feinde kennt und diese doch immer nur in den USA und Israel findet.
Es spricht Daniel Poensgen (Berlin), Sozialwissenschaftler und Mitglied der Redaktion der Zeitschrift Pólemos. Er promoviert zum Verhältnis von Staatsverständnis und Antisemitismus.
Um 20 Uhr in der Laterna Magika, Günterstalstr. 37.