Wir, das Freiburger Wagenkollektiv  “Sand im Getriebe” , das seit Herbst 2011 existiert, sind ein bunter Haufen von momentan etwa 20 Erwachsenen, 5 Kindern, zwei Hunden und einer Katze sowie 1090 PS und 85 Tonnen Blech, die sich bewusst dazu entschieden haben, auf diesem Wege unsere unterschiedlichen Ziele zu verwirklichen.

Wir sind als Verein organisiert um unserer experimentellen Wohnform sowie den politischen und kulturellen Veranstaltungen einen Rahmen zu geben.

So wie in jedem Mietshaus leben Schüler_Innen, Student_Innen, Lehrer_Innen, Mechaniker_Innen, Gärtner_Innen, Künstler_Innen und auch Menschen, die momentan (Lohn-) arbeitslos sind in einer Wohngemeinschaft mit Wägen zusammen, um den Alltag gemeinsam zu gestalten.

Uns ist bewusst, dass unsere Art zu wohnen viele Vorurteile mit sich bringt. Deshalb sind wir bestrebt, im Vorfeld, unser direktes Umfeld über unsere Wohnform zu informieren und im Austausch mit Ihnen zu bleiben, um gegenseitige Akzeptanz und einen respektvollen Umgang  miteinander zu erzielen.

Auch den Behörden sind wir manchmal leider ein Dorn im Auge, was sich aber durch Gespräche zwischen ihnen und uns und durch politische und juristische Erfahrung und tatkräftige Unterstützung unserer Bürgen bewältigen lässt.

Hierzu gab es bereits erfolgreiche Zwischennutzungsprojekte, wie zum Beispiel  auf dem Oekogeno- Gelände und auf dem Gelände der Pädagogischen Hochschule Freiburg.

Wir begreifen uns als politische Menschen, die sowohl durch ihre experimentelle Wohnform als auch durch gemeinsames Engagement in anderen Bereichen politische und kulturelle Impulse geben wollen. So kann unser Wagenplatz den Rahmen für selbstorganisierte, nicht- kommerzielle Treffen und Veranstaltungen bieten. Deshalb und aufgrund unserer sozialen Netzwerke sind wir an das städtische Leben in Freiburg gebunden.

Unsere Motivation im Wagen zu leben

Das Wagenkollektiv “Sand im Getriebe” ist eine Gemeinschaft von Menschen, die sich für ein gemeinsames Leben auf Rädern entschieden haben. In individuell ausgebauten LKW´s, Bauwägen, Zirkuswägen, Wohnwägen und Wohnmobilen wagen wir dieses Abenteuer.

Die Frage warum wir diese Art zu leben gewählt haben, ist für uns auf unterschiedliche Weise zu beantworten, da die Gründe im Wagen zu leben so vielfältig sind, wie die Menschen, die diese bewohnen, wie zum Beispiel Selbstbestimmung, Eigenständigkeit und Autonomie.

Es geht darum Ressourcen sparsam und nachhaltig zu nutzen, da sie nicht wie in herkömmlichen Wohnungen “einfach so” und selbstverständlich vorhanden sind. Beispiele hierfür sind die Beschaffung von Wasser, Strom und Gas, aber auch die Müllentsorgung. Das sind alles alltägliche Aufgaben, die wir uns selber organisieren wollen und müssen. Denn nur wer darauf angewiesen ist, wie lange die Sonne am Tag scheint, um von Solarenergie leben zu können, wie viel Wasser noch im Kanister oder wie viel Gas noch zum Kochen vorhanden ist, die/der achtet darauf, wie und in welchem Maß sie/er diese Ressourcen verwendet.

Dies sind keine Dinge, die wir machen müssen, sondern wollen. Dies stellt für uns weder Behinderung noch Rückschritt “in die Steinzeit”, sondern eine Bereicherung dar.

Vor allem knappe und wertvolle Ressourcen werden in einem ganz anderen Ausmaß und viel bewusster verwendet. Das Wagenleben ist im Vergleich zum Leben in einer Mietwohnung ökologisch viel nachhaltiger und somit ein wertvoller Beitrag für das Umfeld und die Umwelt.

Durch diesen direkten Bezug zur Umwelt nehmen wir Dinge nicht als “einfach da” oder “normal” wahr, sondern schaffen einen gesunden und direkten Bezug zum eigenen Lebensraum. Des Weiteren muss mensch oft einfallsreich sein, um auf dem doch oft sehr eng bemessenen Platz leben zu können.

Anderen geht es darum immer mobil sein zu können und sofort mit seiner 80 km/h- fähigen Eigentumswohnung umziehen zu können, ohne den Aufwand die alte Wohnung zu räumen und eine neue Wohnung zu finden, flexibel zu Arbeitsstellen an unterschiedlichen Orten zu fahren oder mit seinem kleinen Zuhause in den Urlaub zu fahren.

Außerdem steigen die Mieten hier in Freiburg durch Aufwertung von Wohnvierteln und Gentrifizierung immer weiter. Oft muss schon für bescheidene Wohnungen mehr als die Hälfte des Einkommens ausgegeben werden.

Wir sehen einen Wagenplatz  als ein alternatives Lebensmodell, das der Verwertungslogik und Ellenbogengesellschaft widerspricht.

Wir sehen einen Wagenplatz als Gegensatz zu einer nebeneinander, übereinander und anonymen wohnHAFT eines Mietshauses.

Wir sehen einen Wagenplatz als einen Ort der Begegnung für Menschen verschiedener Nationalitäten, unterschiedlichen Geschlechts, Alters und sozialer Herkunft.

Wir sehen einen Wagenplatz als Platz für Reisende um einige Zeit in Freiburg verweilen zu können und mit anderen Menschen zusammen am Wagenplatz zu leben.

Wir sehen einen Wagenplatz als  gelebte Utopie, die aufzeigen soll, dass Fortschritt nicht Beton, Glas und Gewinnmaximierung, sondern kreatives, solidarisches und entspanntes Zusammenleben und gegenseitige Hilfe heißen kann.

Der Wagenplatz soll Raum bieten, um gemeinsames Arbeiten, kollektives Leben und gegenseitigen Ideen-, Fähigkeits-, und Erfahrungsaustausch zu ermöglichen.

Unser Wagenplatz funktioniert auf Basis der Selbstverwaltung. Die Grundlagen entsprechen einer solidarischen und basisdemokratischen Gesellschaftsordnung, in der Entscheidungen durch Konsensfindung getroffen werden.

Es ist uns ein Anliegen, zusammen dafür einzustehen, dass diese Art zu wohnen und leben nicht mehr verunmöglicht und kriminalisiert wird. Es ist eine fortschrittliche, wunderbare Art zu leben/wohnen und hat nichts mit Provokation, Geldnot oder Ausweglosigkeit zu tun!

Was wir brauchen und wollen

Wir sind auf der Suche nach einem Grundstück, das eine Fläche von ca. 1000 bis 2000 qm bietet. Die Fläche sollte befahrbar sein, d.h. keine grossen Steigungen haben oder dicht bepflanzt sein. Auf solch einem Grundstück wäre es möglich, neben dem Wohnen in unseren Wägen eine gemeinschaftliche Infrastruktur und Räume zu schaffen, die für unkommerzielle und öffentliche Veranstaltungen wie zum Beispiel Volksküchen, Konzerte, Lesungen, Ausstellungen, Selbsthilfewerkstätten, Theater oder ähnliches zu realisieren.

Unser Ziel ist es, Kunst, Kultur, kritisches Denken, selbstbestimmtes Leben und solidarisches Miteinander Raum zu geben. Wir kümmern und organisieren uns und unseren Lebensraum selbst. Die bisherigen Grundstücke, die wir als Zwischenlösung befahren haben, wurden ohne Hilfe der Stadt Freiburg gefunden und verhandelt.

Nichtsdestotrotz erschwert uns die Stadt Freiburg mitsamt ihren Ordnungsbehörden die eigenständige Platz- Suche immer wieder.

Was in Freiburg und anderswo oft fehlt, ist der politische Wille, Wagenleben als “normale” Lebensart anzuerkennen und den Fakt zu begrüßen, dass sich Menschen selbstständig um ihren Lebensraum kümmern.

Daher fordern wir die Behörden der Stadt Freiburg auf, uns bei der Grundstückssuche keine Steine mehr in den Weg zu legen und ihre Intoleranz gegen etwas, dass nicht den allgemeinen Vorstellungen von Norm und Ordnung entspricht, abzulegen.

Wir wollen nichts gratis, wir zahlen eine angemessene Pacht und haben auch sonst keine großen Ansprüche an ein Gelände (siehe oben).

Wir wollen einen angemessenen Platz zum Leben und Wirken. Da uns die Stadt bei vielen unserer eigenständigen Bemühungen um ein Grundstück einen Strich durch die Rechnung gemacht hat, fordern wir die Stadt dazu auf, mit uns gemeinsam eine Lösung zu finden, von der beide Seiten profitieren können.

Dazu könnte beispielsweise auch die Nutzung von städtischen Brachflächen zählen (wie im Wahlprogramm der Grünen als ausdrücklich möglich nachzulesen ist). Durch die Entstehung eines Wagenplatzes auf solch einer ungenutzten, leerstehenden Brache könnte die sonst verfallende Fläche belebt und genutzt werden.

Wir wünschen uns einen Platz innerhalb der Stadtgrenzen Freiburgs denn wir begreifen uns als einen Teil der Stadt.  Wir haben hier Familie, Arbeit, Studium und Freund_Innen und leben bewusst in dieser Stadt.

Wir wollen die Stadt durch unsere Anwesenheit bereichern und wollen keine Stadt, in der Menschen mit geringem Einkommen bestenfalls zum Arbeiten in diese kommen können.

Wir wollen eine freundliche, vielfältige, offene und lebenswerte Stadt und keine auf Aufwertung, Gentrifizierung und Gewinnmaximierung ausgelegte Stadt.

Wir sehen uns als Teil des sozialen und politischen Kampfes und einen Wagenplatz als ein Stück gelebter Utopie.

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