veranstaltet vom Archiv für Soziale Bewegungen, iz3w und La Tertulia e.V.
Freitag, 8. September, 19:00
jos fritz café, Wilhelmstr. 15, Freiburg
Am Freitag, den 8. September 2023 eröffnet das Archiv Soziale Bewegungen e.V. im jos fritz café seine Ausstellung „50 Jahre Chile-Solidarität in Freiburg“.
„Un pedazo de cielo rojo para poder volar“ – Tanzperformance
Zur Ausstellungseröffnung tanzt die chilenische Schauspielerin, Tänzerin und Choreographin Andrea Lagos ihre eigene Choreographie „Un pedazo de cielo rojo para poder volar“ („Ein Stück roter Himmel zum Fliegen“).
Zeitzeug*innen des Putsches berichten
Danach diskutieren Pancho Mendez, Verónica Köhler und Reinhard Schlegel, moderiert von Luciano Ibarra.
Pancho Mendez unterstützte Anfang der 1970er-Jahre die Unidad Popular, wurde unter Pinochet verhaftet, saß zwei Jahre in einem Foltergefängnis der Diktatur, bis ihm dann die Flucht nach Deutschland gelang. Verónica Köhler erlebte den Putsch als Teenagerin hautnah in Chile, ihre Eltern wurden, wie Pancho Mendez, verhaftet. Dank eines zweifelhaften Deals der BRD gelangte die Familie dann nach Deutschland. Reinhard Schlegel war von Anfang an in Freiburg im Chile-Komitee aktiv und gab auch das Chile-Info heraus. Luciano Ibarra floh als Kind mit seinen Eltern von Chile nach Europa und wird das Zeitzeug*innengespräch moderieren.
Workshop-Tag mit Referaten und Diskussionen
Samstag, 9. September, 10:00-16:00
Bewegungsraum auf dem Grethergelände, Adlerstr. 12, Freiburg
Der Putsch vor 50 Jahren ist keine abgeschlossene Geschichte. Viele Aspekte reichen bis in die Gegenwart, nicht nur in Chile, sondern global. An diesem Workshop-Tag wollen wir das in vier thematischen Blöcken diskutieren. Und um eine produktive Diskussion in Gang zu bringen, haben wir Referent*innen eingeladen, die unserer Diskussion eine Grundlage geben.
10:00-11:00: Zwischen Poder Popular und Etatismus: Widersprüche der chilenischen Linken damals und heute
Die Unidad Popular pendelte in ihrer Politik zwischen Ideen der „Poder Popular“ (wörtl. „Volksmacht“) und einem streng institutionellen Weg zum Sozialismus. Am Ende setzte sich letzterer durch, während man mit Ansätzen der Arbeiter*innenselbstverwaltung, wie etwa den Cordones industriales, die als Antwort auf den Unternehmerstreik 1972 entstanden waren, wenig anzufangen wusste. Auch in der chilenischen Sozialrevolte im Oktober 2019 wird das Konzept von Teilen der Bewegung wieder aufgegriffen, die sich in Territorialversammlungen und Cabildos organisieren. Erneut stieß das auf wenig Gegenliebe in der institutionellen Linken.
Referent: Nikolas Grimm, Redakteur bei der Zeitschrift iz3w
11:00-11:15: Kaffeepause
11:15-12:15: Autoritärer Staat und neoliberale Politik: Chile als Blaupause für den neoliberalen Angriff auf den Sozialstaat
Dass der sogenannte „freie Westen“ die Machtergreifung autoritäre Regime in den Staaten der sogenannten „Dritten Welt“ unterstützte, wenn diese sich nur einer anti-sozialistischen Agenda verschrieben, war 1973 nichts Neues. Neu in Chile unter Pinochet war aber, dass nicht nur die sozialistische Opposition mit Terror überzogen wurde, sondern hier erstmals die Doktrinen des sogenannten Neoliberalismus in die Praxis umgesetzt wurden. Die Bedeutung des chilenischen „Experiments“ reichte deshalb weit über Chile hinaus.
Referent: Thomas Biebricher, Professor für Politikwissenschaft an der Uni Frankfurt
12:15-13:45: Mittagspause
In der Mittagspause versorgt uns der lateinamerikanische Kulturverein La Tertulia e.V. mit Essen.
13:45-14:45: Fortschreibung des kolonialen Unrechts: Die Unterdrückung und Enteignung der Mapuche
Große Teile der indigenen Bevölkerung Chiles, der Mapuche, schlossen sich der Unidad Popular an. Sie erhofften sich, dass eine Regierung Allende zumindest einen Teil des kolonialen Unrechts rückgängig machen würde. Und in der Tat: Großgrundbesitzer wurden enteignet und Land an die Mapuche zurückgegeben. Doch mit dem Putsch wurde alles wieder zunichte gemacht. Die Landzuteilung wurde zurückgedreht, bis heute kämpfen die Mapuche um ihre Rechte und ihr Land. Referent*innen: Nicolás Garcia Berrios, Mapuche und María Paz Villalobos Silva, Redakteurin bei Radio Dreyeckland
14:45-15:00: Kaffeepause
15:00-16:00: Frauen in Chile: Vom „Marsch der leeren Töpfe“ zum „feministischen Verfassungsentwurf“
Die Geschichte feministischer Politik in Chile ist widersprüchlich: Heute ist eine starke feministische Bewegung in Chile aktiv, die die Proteste von 2019/20 und den (abgelehnten) Verfassungsentwurf von 2021 entscheidend mitgeprägt hat. Das war Anfang der 70er Jahre noch anders: Unter Allende gingen Frauen 1971 im „Marsch der leeren Töpfe“ auf die Straße, um gegen die sozialistische Regierung zu protestieren. Was hat sich seit den frühen 70er Jahren in Chile verändert? Und wo steht die feministische Bewegung in Chile heute?
Referentinnen: Dianela Arroyo Fernández, Migrant_innenbeirat Stadt Freiburg und Andrea Lagos, Schauspielerin, Tänzerin und Choreographin
Lesung und Fest
Samstag, 9. September, 20:00, jos fritz café, Wilhelmstr. 15, Freiburg
Den Ausklang zu unserer zweitägigen Erinnerung an den blutigen Putsch in Chile wollen wir etwas leichter gestalten, mit einer Lesung und einem Fest. Pancho Mendez, der bereits am Freitag als Zeitzeuge über den Putsch berichtet hat, trägt auf Spanisch poetische Reflexionen zu Musikbegleitung vor, seine Tochter Tania Zimmermann übersetzt. Danach spielt die lateinamerikanische Band Wasi.Taki und wir lassen den Tag bei Wein, Bier oder Apfelschorle ausklingen.
Flyer zur gesamten Reihe: http://archivsozialebewegungen.de/Chile/50_Jahre_Putsch_in_Chile_Online_Version.pdf