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Universität Freiburg Kollegiengebäude I

Platz der Universität 3
79098 Freiburg im Breisgau
Deutschland

Hörsaal 1098

Die mit dem Abzug der ausländischen Truppen einhergehenden Geschehnisse in Afghanistan im Sommer dieses Jahres haben erneut vor Augen geführt, dass vor dem Hintergrund militärischer Konflikte, wirtschaftlicher Krisen und politischer Instabilität in Nachbarregionen und nicht zuletzt wegen der Folgen des Klimawandels auch künftig mit Flucht- und Migrationsprozessen nach Europa zu rechnen ist. An vielen Orten der Welt ist erkennbar, dass die internationale Staatengemeinschaft ihrer Schutzverantwortung nicht hinreichend gerecht wird. Während Geflüchtete und zivilgesellschaftliche Akteure (beispielsweise Seenotretter) kriminalisiert werden, werden (Menschen-)Rechtsverstöße durch (halb-)staatliche Akteure an den europäischen Außengrenzen – ob in der Ägäis, vor der libyschen Küste oder zwischen Polen und Belarus – geduldet oder gar gefördert.

In den Aufnahmegesellschaften werden größere Migrationsbewegungen regelmäßig – und nicht erst in heutiger Zeit – ganz wesentlich auch als Sicherheitsproblem verhandelt. Verglichen mit anderen Aspekten, die als mögliche Folgen von Zuwanderung diskutiert werden, ist Kriminalität ein äußerst sensibles Thema. Es ist in besonderem Maße geeignet, Ängste und Abneigungen hervorzurufen oder zu verstärken. Diffuse Verunsicherungen, die mit Zuwanderungsgeschehnissen einhergehen, erhalten durch einzelne Straftaten einen konkret fassbaren Bezugspunkt. Das Thema Migration und Kriminalität ist damit auch politisch besonders aufgeladen und leicht ausbeutbar, wie mit dem Flüchtlingszuzug 2015/16 besonders deutlich geworden ist. All dies führt, beispielsweise in der Flüchtlingsarbeit, zum Teil zu Verunsicherungen und Berührungsängsten. Umso bedeutsamer sind hier wissenschaftliche Untersuchungen, aus denen sich ein realistische(re)s Lagebild, differenzierte Ursachenanalysen und Präventionsansätze ergeben. Der Vortrag gibt einen Überblick über Erkenntnisse zu Opferwerdungsrisiken und Straffälligkeit von Migrant*innen und insbesondere von Geflüchteten und vermittelt die jeweiligen Ursachenzusammenhänge. In- und ausländische Erfahrungen der letzten Jahrzehnte zeigen, dass Migration und Kriminalität sehr heterogene Phänomene sind, weshalb sehr viel genauer hingesehen werden muss: Es gibt weder „die Migrant*innen“ noch „die Kriminalität“.

Eine wichtige Unterscheidung liefert der Generationenverlauf, das heißt die Situation bei Migrant*innen der ersten Generation und deren Nachkommen. Bei Geflüchteten sind zudem deren besonderen Lebenserfahrungen und Lebensumstände von Bedeutung, die mit spezifischen Herausforderungen und Belastungen einhergehen. Der Referent zieht hieraus Schlussfolgerungen zur Prävention und zum Abbau von Integrationshemmnissen sowie den Grenzen der Gestaltung künftiger Flucht- und Migrationsprozesse.

Zur Person: Dr. Christian Walburg ist derzeit als Lehrstuhlvertreter an der Juristischen Fakultät der Universität Freiburg tätig. Zu seinen Forschungsschwerpunkten zählen Wirtschaftskriminalität, Jugenddelinquenz sowie Migration und Kriminalität.

Die Teilnahme an der Veranstaltung ist wie immer kostenfrei. Bitte bringen Sie einen 2G-Nachweis mit, wenn Sie die Veranstaltung im Hörsaal 1098 (Kollegiengebäude I) besuchen wollen. Alternativ können Sie sich in den Livestream unter dem Link strafrecht-online.org/tacheles einwählen. Der Stream wird am Veranstaltungstag ab 19.00 Uhr verfügbar sein.

Vortrag von Dr. Christian Walburg, Freiburg/Münster