Prinzip Katamaran und andere Identitäten
Prinzip Katamaran erzählt die Geschichte von Toni Silberstein, die sich weigert in die Schublade geschlechtlicher Zuschreibungen gesteckt zu werden. Schon als Kind mit dem Unverständnis ihrer Umwelt konfrontiert, erschafft sie sich trotzig eine eigene Identität als Gnoi - ein Wesen, das immer wieder in irrwitzig-skurrile bis tieftraurige Alltagssituationen gerät, die mit Livemusik und Slapstick untermalt werden.
"Man könnte durchaus meinen, dass "Prinzip Katamaran" über eine Selbstbespiegelung nicht hinauskommt. Das ist jedoch keineswegs so. Der phantasievolle, poetische Text, das körperbetonte Spiel und die fein abgestimmte Akustik vereinigen sich zu einem künstlerischen Ausdruck, der Vielfalt als Lebensprinzip feiert. Das Publikum zeigte sich davon sehr angetan."
"Wider die Zuschreibungen" von Heidi Ossenberg
Presse: Kulturjoker: Elegie für ein König-Innen-Reich
"Wann ist der Mensch ein Mann? Eine Frau? Oder eben einfach: MenschIn? Wer möchte behaupten, es gäbe nur zwei Geschlechter? Wer möchte ernsthaft bestreiten, dass nicht jedermann oder -frau mit mehr oder weniger Anteilen des jeweils anderen Geschlechts ausgestattet ist? So wie selbst hunderte Jahre nach Kopernikus noch immer stoisch geäußert wird, die Sonne ginge auf und unter – dabei weiß doch jedes Kind, dass die Erde sich dreht. Auch wenn das rein inhaltlich schwer vorstellbar ist: Das Stück „Prinzip Katamaran und andere Identitäten“ ist ein überaus kurzweiliges Plädoyer für die feinen Unterschiede. Dies ist neben dem so entlarvenden wie poetischen Text (Jenny Warnecke) und den Soundeffekten (Musik / Mitspieler: Burkhard Finckh) in erster Linie dem brillant-intensiven Spiel Nic Reitzensteins (auch Regie) geschuldet. Ihr ist das Stück auf den Leib geschrieben. Wie eine gläserne Seele führt sie dem Publikum vor Augen, welch Zwistigkeiten sich im Inneren der Spezies MenschIn abspielen. Eine herrliche Mimin, die die dürftige Szenerie zusammenhält wie ein Gerüst, in dem sie sich unablässig kindlich-jung gebärdet und tobt, zirpt oder klagt, bis sie am Ende ihr König-Innen-Reich heraufbeschworen hat."
F. Zimmermann für den Kulturjoker Dezember 2016
INHALT: Das Stück ist der Monolog einer Figur, die sich weder als Frau noch als Mann versteht und sich als Zwischenwesen konstruiert: ein „Gnoi“. Das ist neu. Aus seiner Heimat Gnoien ausgewandert lebt er nun in Katamaranien. In Gnoien wurde zwischen „Lautstimmlern“ und „In-die-Luft-Guckern“ unterschieden. Die Welteinteilung in Katamaranien ist nach dem Prinzip des Katamarans bipolar organisiert: Frau vs. Mann, Nacht vs. Tag usw. Die Identitätssuche des Gnois befindet sich im Dazwischen der Geschlechter und im Grau der Dämmerung, dem luftleeren Nichts zwischen diesen beiden stabilen Rümpfen des schwebenden Schiffskörpers. Da die neue Welt keine Angebote für diese andere Kategorie der Identität bietet, muss sich der Gnoi selbst erfinden.
Das Stück verhandelt die Selbstbehauptung innerhalb der kulturellen Vorgaben des neuen Ortes – auf eine amüsant-melancholische Weise der Selbst-beobachtung.
Heimat ist nicht Herkunft, sondern die Utopie:
Heimat ist dort, wo ich verstanden und gesehen werde.
Neu ist die Vermittlung von queeren Inhalten in einer eingängigen Sprache: Das Stück führt verspielt an das Thema sexuelle Identitäten und Migration heran, über das Mittel der Empathie. Durch die Kombination des einfachen Spiels mit musikalischer Kommunikation entsteht eine wohnzimmermäßige Nähe, in der sich das Publikum dem Thema Fremdsein in Geborgenheit nähern kann. Durch das slapstickhafte Schauspiel können Seh-, Sprach und Denkgewohnheiten im Lachen der Selbsterkenntnis neu justiert werden.
Produktion: Theaterkollektiv RaumZeit
Schauspiel & Regie: Nic* Reitzenstein
Musik: Burkhard Finckh aka Charlie Fonk
Text: Jenny Warnecke
Radiointerview zum Nachhören mit Nic* Reitzenstein und Jenny Warnecke am 7. Juni 2016 im Radio Dreyeckland. Interview LaRadio: Eva Gutensohn