Mit kurzer Einführung von Muriel Lorenz & Miriam Bräuer-Viereck
In Kooperation mit dem Forschungsprojekt „Zwischen Unsichtbarkeit, Repression und lesbischer Emanzipation – Frauenliebende* Frauen im deutschen Südwesten 1945 bis 1980er Jahre“ und dem Kolloquium für die Geschichte des 19. und 20. Jahrhunderts (Prof. Dr. Sylvia Paletschek)
Erstmals 1931 in der Weimarer Republik gezeigt, reinszenierte Géza von Radványi 1958 den lesbischen* Filmklassiker „Mädchen in Uniform“ mit Lilli Palmer und Romy Schneider in den Hauptrollen. Der Film spielt in einem autoritär geführten, preußischen Mädcheninternat im Jahr 1910. In Vorbereitung auf ein Leben unter den Vorzeichen Kinder, Küche, Kirche werden die Schüler*innen zu Disziplin und Gehorsam erzogen, versinnbildlicht durch die Schuluniformen. Der durch das völlige Fehlen männlicher Figuren entstandene homosoziale Raum ist geprägt von nahen (Liebes‑) Beziehungen zwischen den Schüler*innen und Lehrer*innen. Im Fokus des Films steht dabei die Sehnsucht und das Verlangen der Schülerin Manuela nach ihrer Lehrerin Fräulein von Bernburg. Manuela verstößt damit nicht nur gegen heteronormative Liebesvorstellungen, sondern wehrt sich zudem gegen Konzepte von Gehorsam und Disziplin sowie gegen tradierte Rollenzuweisungen.
Der Film erfuhr besonders aufgrund der kritischen Haltung im Hinblick auf den preußisch inszenierten Militarismus viel Aufmerksamkeit, dabei blieben die intimen und nahen Beziehungen zwischen den Protagonist*innen unerwähnt. Diese wurden aufgrund der starken Tabuisierung sowie Stigmatisierung lesbischen* Begehrens entweder gar nicht erst wahrgenommen, oder lediglich als jugendliche Schwärmerei abgetan.
Für queere Zeitgenoss*innen hingegen war der Film, der auch in der südwestdeutschen Provinz gezeigt wurde, von hervorzuhebender Bedeutung. Hier wurden Handlungsräume und -möglichkeiten aufgezeigt, die in der gesellschaftlichen Realität mitunter nicht lebbar waren. Besonders für stark heteronormativ geprägte Räume waren und sind solche „anderen“ Lebensentwürfe wichtig, um dem Gefühl der Isolation und der Fremdheit zu entgehen. Die filmische Thematisierung lesbischer* Liebe konnte 1958 für eine breitere Öffentlichkeit wie für gleichgeschlechtlich liebende Menschen zu einem ersten Berührungspunkt mit weiblicher Homosexualität werden. Zudem bot der Film die Möglichkeit, neue Denk- und Handlungsräume jenseits einer heteronormativen und zweigeschlechtlich geprägten symbolischen Ordnung und Alltagswelt zu öffnen. Diese Spuren queeren Lebens und Denkens aufzuspüren, ist Teil des Forschungsprojekts „Zwischen Unsichtbarkeit, Repression und lesbischer Emanzipation – Frauenliebende* Frauen im deutschen Südwesten 1945 bis 1980er Jahre“.
Weitere Informationen zum Forschungsprojekt unter: https://lesbenwelt.hypotheses.org/
Alle Filme im Programm des aka-Filmclub werden in Originalversion mit deutschen Untertiteln gezeigt (Ausnahmen gekennzeichnet). Einlass ab 19.30 Uhr, Eintritt 1,50€ mit Mitgliedsausweis (beides ausschließlich an der Abendkasse erhältlich).
Mehr Informationen unter www.aka-filmclub.de
All movies are shown in original language with German subtitles. Doors open 19.30 pm, entrance fee 1,50€ with membership card.