"Der Ast ist mir entwichen, darauf ich ruhen soll." (Volkslied "Ich armes Käuzlein, kleine" 1549)
Im 16. Jahrhundert entschließt sich Agatha Dietzschin als Mann zu leben. Eine gängige Form für Frauen dieser Zeit, um ein autonomes Leben zu führen und der Armut zu entkommen. Dabei ist die Gefahr der Enttarnung groß und die Strafen für dieses "Vergehen" sind drakonisch. Agatha nimmt den Namen Hanns Kayser an und zieht als Wanderarbeiter durchs Freiburger Umland. Durch die Liebesgeschichte mit der Bauerntochter Anna Reulin wird das Leben sicherer und durch die daraus entstandene Hochzeit scheint die Tarnung perfekt...
"Innen drin war gar nichts rau"
’Hanns Kayser auf der Flucht’ erzählt von einer lesbischen Liebe im 16. Jahrhundert.
"Weil es so wahrscheinlich nicht gewesen ist im 16. Jahrhundert, fallen die beiden bald aus ihren Rollen, transportieren das Setting in die Gegenwart und sind schon mittendrin in wortgewaltigen Reflexionen und Transgender-Diskussionen. Immer wieder gibt es Brüche, werden Erzählebenen und Zeiten gewechselt – in Spannung gehalten wird das Ganze vom großartigen Schauspiel, wissen die beiden langjährigen Ensemblemitglieder des Theater Freiburgs doch intensiv zu erzählen. Ein spannender und sehr lebendiger Blick ins Identitätsdickicht, auf der Grundlage historischer Fragmente."
Rezension "Innen drin war gar nichts rau" in der Badischen Zeitung vom 7. Juli 2018 von Marion Klötzer
Den Stoff - spannend wie ein Krimi - rekonstruiert das Theaterkollektiv RaumZeit nach der Vorlage von Originaldokumenten aus den Gerichtsakten von 1548 des Freiburger Stadtarchivs in Kooperation mit der Feministischen Geschichtswerkstatt. Dabei wird das Thema für die Bühne dramatisiert und mit unserem heutigen Verständnis von Identitäten in den Blick genommen.
"Ist nicht jeder Mensch wie ein Grashalm auf eigenem Stiel? Alle grün auf den ersten Blick. Aber wenn du am Rand der Wiese sitzt merkst du: Alle sind verschieden und keiner fragt: ’Bist du arm oder reich? Bist du frau oder man?’ Ich bin Hans Kayser. Grün wie ein Grashalm." Schauspiel: Nic* Reitzenstein und Lena Drieschner.
Das Stück wird kollektiv geschrieben von Jenny Warnecke, Lena Drieschner und Nic* Reitzenstein nach den Quellen der Criminalia von 1548 aus dem Stadtarchiv Freiburg. Unter Mitarbeit der Bordhistorikerin Birgit Heidtke.
Stückdauer eine Stunde.
In Kooperation mit dem Zentrum für Anthropologie und Gender Studies und der FemWerkstatt. Wir danken der Baden-Württemberg-Stiftung, der INTA-Stiftung, dem Kulturamt Freiburg und der Sparkasse für die Förderung, sowie dem Caffé Biciletta in der Brombergstraße 17 in Freiburg!
Eine Produktion des Theaterkollektiv RaumZeit
Schauspiel: Nic* Reitzenstein und Lena Drieschner
Regie: Nic* Reitzenstein und Lena Drieschner
Text: Lena Drieschner, Jenny Warnecke und Nic* Reitzenstein
Projektleitung, Kostüme, Perücke, Licht und Technik: Jenny Warnecke
Bordhistorikerin: Birgit Heidtke