Neuer Startpunkt: Europaplatz
Seit nunmehr zwei Jahren begleitet uns die Coronapandemie, mitsamt all der Maßnahmen, die die Staaten verhängen. Um es vorweg zu nehmen: wir glauben an die Wissenschaft und sehen einen großen Teil der Infektionsschutzmaßnahmen, wie z.B. das Tragen von Masken oder das Abstandhalten, dass wir uns regelmäßig testen, wenn wir unter Menschen gehen, als sinnvoll an. Ebenso sind wir von der Impfung überzeugt, als einen Weg heraus aus der Pandemie.
Je länger wir uns alle mit der Pandemie herumärgern, desto müder und wütender werden wir. Wir sind müde, von einem Freizeit-Lockdown in den nächsten zu gehen. Wir sind müde, ständig mit Coronaleugner*innen oder -verharmloser*innen, über Fake News, die seit Monaten widerlegt sind, diskutieren zu müssen.
Wir sind wütend über die korrupten Maskendeals. Wir sind wütend, weil der Staat das Pandemiemanagement alleinig in den privaten Raum verlagert statt Arbeitnehmende und Schüler*innen effektiv zu schützen. Wir sind wütend, aber über all dies nicht überrascht.
Corona ist das Virus - Kapitalismus ist die Krise
Spätestens seit Beginn der Omikronwelle Ende 2021, welche aktuell durch alle Lebensbereiche rauscht, sollte allen klar sein, dass der Staat im Pandemiemanagement ausschließlich ein Ziel verfolgt: das Rad des Kapitalismus am Laufen zu halten. Von Gesundheitsschutz, einer drohenden Überlastung der Kliniken oder gar dem Brechen dieser Welle ist nichts mehr zu hören.
Kitas und Schulen bleiben entgegen jeder Vernunft weiter geöffnet, damit Eltern ungestört arbeiten gehen können. Die Kinder dieser Eltern werden wissentlich der Gefahr einer Infektion ausgesetzt. Quarantäneregeln werden so angepasst und Arbeiter*innenrechte ausgesetzt, dass Menschen auch als Kontaktperson oder sogar mit einer Infektion zur Arbeit müssen.
Klar ist, Corona trifft uns, die Menschen ohne Lobby am härtesten. Kinder, Schüler*innen, Menschen ohne Papiere, Wohnungslose, Migrant*innen, Menschen mit Behinderungen, Menschen in prekären Arbeitsverhältnissen oder in beengten Wohnverhältnissen. Während die Besserverdienenden in ihren schönen großen Häusern am Lorettoberg mit Garten und im Homeoffice von Social Distancing sprechen, quetschen sich Tag für Tag Menschen in die öffentlichen Verkehrsmittel, in überfüllte Klassenzimmer, Großraumbüros oder Fabriken. Der Arbeitsplatz war lange Zeit von Einschränkungen nicht betroffen, meist gab es lediglich Empfehlungen fürs Homeoffice. Betriebe, in denen kein Homeoffice möglich ist, fahren ihr normales Programm, überwiegend ohne Infektionsschutz. Der Gesundheitsschutz wird dem Geschäftsprofit untergeordnet.
Man könnte annehmen, dass 2 Jahre Pandemie reichen würden, um alle Klassenzimmer und Kitas mit Luftfiltern auszustatten und gleichzeitig die technischen Voraussetzungen für digitalen Distanzunterricht zu schaffen, auch für Kinder aus einkommensschwachen Familien.
Doch stattdessen wurde die Lufthansa mit Milliarden Euro gerettet und Großkonzerne, wie BMW, Daimler oder VW, mit Kurzarbeitergeld und Coronahilfen überschüttet. Nur, um danach höhere Dividenden an Aktionär*innen auszahlen zu können.
Gleichzeitig wird der Gesundheitssektor - nicht erst seit der Pandemie - weiter kaputt gespart und immer weiter privatisiert. Auch hier soll - wie in allen Lebensbereichen - möglichst viel Profit erwirtschaftet werden. Kaputtgeschuftete Pfleger*innen werden dafür mit Applaus, leeren Versprechungen und einer läppischen Bonuszahlung abgespeist. Doch statt wenigstens diesen Bonus an alle Menschen, die an der Corona-Front geschuftet haben, auszuzahlen, wurden die Kriterien dafür so gestaltet, dass viele Kliniken durch das Raster fielen und deren Mitarbeiter*innen leer ausgingen.
Dass auch in Zeiten von Corona - trotz des ständigen Predigens der Solidarität - die Kapitalinteressen vor Menschenleben stehen, zeigte sich schon im April 2020, als Erntehelfer*innen aus Osteuropa eingeflogen wurden, und auf engsten Raum in billigen Baracken zusammen gepfercht wurden, nur damit der deutsche Spargel nicht im Boden vergammelt.
Auf dem Spargel- und Erdbeerhof von Fritz Waßmer in der Nähe von Bad Krozingen haben sich im April 2020 mindestens 16 Erntehelfer*innen mit Corona infiziert - einer von ihnen, Nicolae Bahan, starb an den Folgen der Coronainfektion in seinem Wohncontainer. Die Beispiele von ähnlichen Fällen ließen sich hier ewig fortführen.
Weltweite Pandemie auch als globales Problem erkennen
Wir sind der Meinung, dass die Impfung ein richtiges und wichtiges Mittel in der Pandemiebekämpfung ist. Doch während reiche, westliche Länder teilweise mit Impfquoten oberhalb der 90% dastehen, sieht es in vielen anderen Ländern sehr viel schlechter aus. Hier bewegen sich die Impfquoten im niedrigen einstelligen Prozentbereich und oftmals sind es dort die Reichen, die von der Impfung profitieren. Dies fördert die ständige Weiterentwicklung von Mutationen und zieht die Pandemie unnötig in die Länge.
Statt die Impfstoffpatente freizugeben, bunkert Deutschland Millionen Impfdosen. Programme wie Covax von der UNICEF sind gut gemeint, aber nur ein Tropfen auf dem heißen Stein. Die Impfstoffhersteller sind äußerst kreativ im Formulieren neuer Ausreden, die gegen eine Patentfreigabe sprechen. Häufig ist zu hören, dass "die armen Länder" nicht über nötiges Know-how verfügen und hygienische Standards nicht einhalten würden. Dabei sind die Länder, die bis jetzt kaum Zugang zu den Impfstoffen haben, sehr wohl in der Lage diese zu produzieren. So werden hier schon häufig Pharma-Generika oder Wirkstoffe für Medikamente hergestellt.
Die Erlassung einer allgemeinen Impfpflicht würde das komplette politische Versagen in der Kommunikation zum Impfen aufzeigen. Beispielhaft wären hier die komplizierte Terminvergabe am Anfang der Impfkampagne, der Mangel an Impfstoffen, das zu frühe Schließen der großen Impfzentren, das Zögern der STIKO und die fehlende Impfinfrastruktur außerhalb der großen Städte genannt. Bevor eine allgemeine Impfpflicht eingeführt wird, sollten andere Mittel gewählt werden, wie die sofortige Schaltung einer umfassenden, vernünftigen und mehrsprachigen Impfkampagne.
Die Unzufriedenheit der Menschen
Das Coronavirus, der Umgang der Politik und die Kritik daran zeigt in unseren Augen das auf, was schon lange da ist. Die Unzufriedenheit der Menschen in diesem kapitalistischen System. Die sich in Deutschland im Abwärtstrend befindende linke Bewegung hat es unserer Meinung nach verschlafen, eine Anlaufstelle für die Unzufriedenheit der Menschen zu sein und ihnen Alternativen zu diesem System aufzuzeigen. Zu keinem Zeitpunkt wurde sich für kollektive Krankmeldungen stark gemacht, um dem Infektionsrisiko im Betrieb aus dem Weg zu gehen oder über eine breite Niederlegung der Arbeit z.B. zur Durchsetzung der Forderungen von Pflegekräften debattiert. Stattdessen wurde die Lücke in der kritischen Diskussion der Maßnahmen von Coronaleugner*innen, Verschwörungsgläubigen, Antisemit*innen und rechten Akteur*innen gefüllt.
Denn fast genauso lange wie es die Pandemie gibt, gibt es Proteste von Coronaleugner*innen, Antisemiten*innen und Faschist*innen. Kritik an den staatlich verordneten Maßnahmen und Einschränkungen sollte eigentlich ein linkes Thema sein, doch es wurde größtenteils verschlafen, eine vernünftige Kritik an den Maßnahmen zu formulieren, zu diskutieren und auf die Straße zu tragen. Zwar gab es in einigen deutschen Städten solidarische Nachbarschaftshilfen und Demonstrationen, z.B. gegen nächtliche Ausgangssperren, doch insgesamt scheint sich die radikale Linke in einer Art Tiefschlaf zu befinden.
Die Zeit für einen gesellschaftlichen Umschwung ist jetzt und in Zukunft warten noch viele andere Probleme auf uns. Sei es die Inflation - nicht nur im Energiebereich - die viele einkommensschwache Menschen in ihrer Existenz bedroht oder die bevorstehende Klimakatastrophe, die uns allen die Lebensgrundlage rauben wird. Lasst uns mutig sein. Lasst uns laut sein. Packen wir es gemeinsam an!
Kommt deshalb am 5. März 2022 um 12:30 Uhr auf den Platz der Alten Synagoge und demonstriert mit uns für eine solidarische Alternative jenseits von kapitalistischer Verwertungslogik.
Kommt bitte mit FFP2-Maske, haltet Abstand zu anderen Menschen und testet euch im besten Fall noch vorher.
Wenn du gerade keine Kohle für FFP2-Masken hast, kannst du bei uns kostenlos welche bekommen. Wenn du dich in den offiziellen Testzentren, aus welchen Gründen auch immer, nicht testen lassen kannst, stellen wir dir gerne einen kostenlosen Selbsttest zur Verfügung.
Für Antisemiten*innen, Verschwörungsgläubige, Faschist*innen & Reichsbürger*innen ist auf unserer Demo kein Platz!