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Universität Freiburg Kollegiengebäude II

Platz der alten Synagoge 1
79098 Freiburg im Breisgau
Deutschland

HS 2006

Der Spiegel

Regie: Andrei Tarkowski Buch: Andrei Tarkowski, Alexander Mischarin Kamera: Georgi Rerberg Musik: Eduard Artemjew Darsteller: Margarita Terechowa, Ignat Danilzew, Anatoli Solonizyn Produktion: RU, 1975 Länge: 108 min. Fassung: DCP, Ru. OmU

Tarkowskis Anspruch in Der Spiegel ist nichts weniger als uns in die Zeit seiner eigenen Kindheit einzuführen. Jedoch sind Erinnerungen niemals stringent, nie eröffnen sie sich einem ohne chaotische Aneinanderreihung zufälliger Einzelperioden. Doch wie lässt sich so etwas filmisch festhalten, sodass die Zuschauer daraus „sehen“ lernen? Eine Aneinanderreihung biografischer Splitter, woraus sich viele der heutigen Biopics ergeben, genügt der Filmkunst nicht. Tarkowski setzt auf filmische Bilder, Traumsequenzen und Dokumentarmaterial, um daraus seine eigenen Emotionen aus der Kindheit festzuhalten. Sei es die frühe Trennung seiner Eltern, Erfahrungen des Zweiten Weltkriegs oder die darauffolgende Zeit im kommunistischen Russland. Immerzu bricht er das Filmmaterial auf, springt von einer Erinnerung zur Nächsten, und doch verbinden diese sich durch ihre emotionale Wucht miteinander. Der Spiegel zeigt uns, dass ein Individuum nicht einfach aus sich heraus entsteht; die Gesellschaft sozialisiert ihre eigenen Mitglieder permanent, unaufhaltsam. Eine Generation spiegelt sich in der anderen wider; Wünsche, das eigene Glück zu verfolgen, enden nicht selten in persönlichen Schicksalsschlägen, vorherige Entscheidungen werden zutiefst bereut.

Der Spiegel sollte ursprünglich „Beichte“ heißen und der stotternde Junge am Anfang des Films wirft folgende Frage auf: Wie lässt sich eine Entschuldigung an die Liebsten formulieren, die sich einer rationalen Erklärung vollständig entzieht? Ein Ansatz dazu kann die Filmkunst sein.

 

Gezeigt im Rahmen der Filmreihe: Andrei Tarkowski
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