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Universität Freiburg Kollegiengebäude II

Platz der alten Synagoge 1
79098 Freiburg im Breisgau
Deutschland

Hörsaal 2006

Wer schon mal berauscht war, richtig aus dem Alltag gefallen ist, weiß, wie langweilig die Wirklichkeit sein kann. Das hat das Kino auch schon früh gemerkt und an ganz eigenen Realitäten gearbeitet. Das Auge wird zum Tor, die Hand zum Schlüssel und die Zuschauer betreten einen anderen Raum. Hier wird alles möglich: Familien mit Hundekindern, Frauen mit quietschenden Gliedern, ein riesiges Streberkind, Menschen mit vielen Identitäten. Und ehe man sich versieht, hat man schon einen Knick, nicht nur in der Optik, sondern auch im Denken. You got mind-bended!

Wer solche Filme macht oder auch nur guckt, wird auch schnell schräg angeblickt. Manchmal ist man aber nicht nur Weirdo, sondern auch politisch verdächtig. Denn wer der Realität seine eigene entgegenstellt, kritisiert diese gerne auch, zeigt dessen Absurditäten auf. Das Kino kann hier Freiräume für Kritik, aber auch Lösungsmöglichkeiten schaffen. Da entstehen Utopien, aber auch Dystopien, bloße, harmlose Spinnerei muss es aber nicht sein. Im Gegenteil: Wer der Gesellschaft nicht nur inhaltlich, sondern auch in Bildern widerspricht, macht das oft machtvoller. Wer den Rahmen des Denkens nicht nur kritisiert, sondern sprengt, hinterlässt keine Brüche, sondern Löcher in die eigene Welten passen. Um genau diese geht es in der trippigen, surrealen, politischen Reihe Mind-bending Movies.

Angefangen mit Der Bunker, einem deutschen Film, der aber gar nicht so deutsch tut. Vielmehr geht es in eine irreale Zwischenwelt in der Hierarchie und Ordnung auf eine ziemlich verdrehte Weise erscheinen. Zusammen mit dem Folgefilm Dogtooth, das klare griechische Vorbild, sind das zwei Filme über Familien, die sich der Realität entziehen und einen ganz eigenen Mikrokosmos bilden, eine Gegengesellschaft. Wobei – nicht ganz. Vielmehr erkennt man in den wahnhaften Strukturen schnell Ähnlichkeiten zu bestehenden Systemen, namentlich dem Faschismus. Die Flucht beider Familien aus der normalen Welt führt also sicher in kein buntes Einhornregenbogenland. Mind-bending Movies goes dark.

Wie schön, dass dann ein tschechischer Oldie wie Tausendschönchen läuft! In poppigen Farben gehen hier zwei Mädchen gegen die patriarchale Gesellschaft, drehen ihr und ihrer Logik eine sehr lange Nase. Klingt nach Spaß und Pippi Langstrumpf, ist aber eine aggressive Abrechnung mit dem bestehenden System. Es wundert daher nicht, dass der Film nach der Niederschlagung des Prager Frühlings vor genau 50 Jahren direkt verboten wurde. Sonderbarer Höhepunkt der Reihe ist Singapore Sling. Auch hier sehen wir die radikale Selbstermächtigung zweier Frauen. Der griechische Film verweist auf Otto Premingers Klassiker Laura (1944), geht der Psyche seiner Protagonistinnen aber weiter nach als es Noir-Liebhaber vielleicht wahrhaben wollen. Viel Anmache, Sex und natürlich Wahnsinn. Auch hier stellt sich die Frage, ob die radikale Befreiung von Logik und Norm nicht auch in schlimmere, weil unkontrollierbare Gefilde führt.

Ob verrückter Familien-Mikrokosmos oder irre Frauen, in beiden Fällen bröckelt die Realität, die Bilder machen die Zuschauer schier verrückt. Wer auf Sicherheitsabstand bleibt, locker darüber lacht, entgeht vielleicht dem Ruf, ein Weirdo zu sein, denkt aber auch nicht darüber nach, was mit dem Knick in der Wahrnehmung möglich wird. Wahnsinn, Raserei, aber auch die Möglichkeit, Dinge einmal anders zu denken. Drogen dürfen wir euch nicht verschreiben, also versucht es doch mal mit den Mind-bending Movies!

Filmreihe des aka-Filmclubs
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