Ca Ira Verlag

Günterstalstraße 37
Hinterhof(1. OG)
79100 Freiburg
Deutschland

Donnerstag, 29. Mai 2025

Vielfach werden zur Erklärung der Verbreitung des Antisemitismus die Techniken in Anschlag gebracht, die mit dem „Web 2.0“, dem Smartphone und dem social media feed in den letzten Jahrzehnten eine neue Form erhalten haben. Fraglos haben die digitalen Medien die Ausdrucksweise des Antisemitismus verändert. Zugleich rührt sich in diesen das Immergleiche: der Mordwunsch gegen „den Juden“. Die Medien sind im weitesten Sinne die bildgebenden Verfahren des Antisemitismus, Zeugnisse der Krisenbewältigung der Subjekte in der gesellschaftlichen Krise, die das Produktionsverhältnis selbst ist. Damit betrifft dieser Umstand sowohl die psychischen Mechanismen als auch die Technikgeschichte, die Ökonomie der psychischen Erregung ebenso wie die Entwicklung der Produktivkräfte und Formfragen der Metapsychologie neben solchen der politischen Ökonomie. Im mentalen Bild sind, wie im entäußerten, medial vermittelten Bild, ältere Bilder aufgespeichert, die zum einen – „archäologischen Schichten“ (Sigmund Freud) ähnlich – zu bergende Geschichte enthalten, motivisches “Nachleben der Bilder” (Aby Warburg), die spezifischen Medien entsprungen sind, zum anderen geben sie Auskunft über die Form ihrer Verarbeitung: hier über die Kontinuität der Triebkonflikte, die dem Antisemitismus zu Grunde liegen. Wird im antisemitischen Bild traditionell in der Projektion das Welt(erklärungs)bild als Szene gerahmt, das zugleich Plan und Probe der Tat enthält, stellt sich für den social media feed die Frage, welchen Status das Bild in diesem hat. Es geht um das Verhältnis des feeds zum Traum, seiner Rolle in der Schreckverarbeitung und Wunscherfüllung sowie um das Verhältnis von den individuellen und kollektiven Bildern im sich demokratisch verselbständigenden Wahn der antisemitischen Bewegung im und als world wide web.

Es spricht Till Gathmann (Berlin), der als Künstler und Typograf arbeitet. In der Ausgabe 24/2025 der Zeitschrift sans phrase veröffentlichte er den Essay Netze. Zur Bildkrise des 7. Oktobers, oder: Annäherungen an eine Metapsychologie des antisemitischen Bilds.

Um 19 Uhr im Büro des ça ira-Verlages, Günterstalstr. 37, im Hinterhaus, 1. OG, und via Zoom. 

Der Veranstaltungsort ist nicht barrierefrei.

Der Zoomlink kann auf https://www.ca-ira.net/verein/jourfixe/ abgerufen werden.

 

Am Samstag, den 31.5.2025 findet von 11-16 Uhr in den Räumen des ça ira-Verlages ein Seminar - kein zoom -  mit Till Gathmann zu seinem Vortrag und zu dem in der sans phrase erschienenen Artikel statt. Teilnahme nach Anmeldung unter jourfixe@ca-ira.net