Großer Hörsaal Biologie (Universität Freiburg - Biologie II/III)

Schänzlestraße 1
79104 Freiburg
Deutschland

"Fluchtweg nach Marseille" ist ein einzigartiger dokumentarischer Essayfilm von Ingemo Engström und Gerhard Theuring. Der 1977 entstandene Zweiteiler folgt den Spuren deutscher Emigrant:innen in Frankreich während des Zweiten Weltkriegs und schafft dabei eine faszinierende Verbindung zwischen Vergangenheit und Gegenwart. Inspiriert von Anna Seghers' Roman "Transit", begeben sich die Filmemacher:innen auf eine Reise durch Frankreich. Sie besuchen historische Orte, interviewen Zeitzeug:innen und reflektieren über die Bedeutung von Flucht und Exil. Dabei entsteht ein vielschichtiges Bild, das weit über eine konventionelle Dokumentation hinausgeht. Der Film besticht durch seine innovative Herangehensweise. Engström und Theuring verweben Landschaftsaufnahmen, Archivmaterial und Interviews zu einer poetischen Collage. Die "bewegte und sprechende Photographie", wie sie es nennen, erzeugt eine einzigartige Atmosphäre, in der die Vergangenheit in der Gegenwart spürbar wird. "Fluchtweg nach Marseille" ist in zwei Teile gegliedert.

Der erste Teil konzentriert sich auf den Weg, den Anna Seghers mit ihren Kindern von Paris nach Marseille nahm. Der zweite Teil beleuchtet die Situation der deutschen Emigrant:innen in Internierungslagern und im besetzten Marseille, bevor er sich den "Landschaften der Résistance" zuwendet. Die Filmemacher:innen verstehen sich als "Agent:innen der Erinnerung". Sie hinterfragen konstant die Möglichkeiten des Mediums Film, Geschichte zu vermitteln. Dabei entsteht ein Werk, das gleichzeitig dokumentarisch und höchst subjektiv ist. Es fordert die Zuschauer:innen heraus, sich aktiv mit der Vergangenheit auseinanderzusetzen. "Fluchtweg nach Marseille" wurde bei seiner Premiere auf dem Mannheimer Filmfestival mit großem Interesse aufgenommen und fand auch international Beachtung. Er gilt als wichtiger Beitrag zur Auseinandersetzung mit der deutschen Exilgeschichte und als Meilenstein des essayistischen Dokumentarfilms.

Der Film demonstriert eindrucksvoll das Potenzial des Kinos als Medium kritischer Geschichtsreflexion. Er lädt dazu ein, über die Kontinuitäten von Flucht und Vertreibung nachzudenken und stellt Fragen nach Erinnerung und Verantwortung, die bis heute relevant sind.

Jan Luca Lorey

Gezeigt im Rahmen der Filmreihe: Verfilmte Autorinnen

Bild: © IFAG

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