Großer Hörsaal Biologie (Universität Freiburg - Biologie II/III)

Schänzlestraße 1
79104 Freiburg
Deutschland

Michael Hanekes "Die Klavierspielerin" ist eine schonungslose und präzise Adaption des gleichnamigen Romans von Elfriede Jelinek. Der Film zeichnet ein verstörendes Porträt der Klavierlehrerin Erika Kohut, brillant verkörpert von Isabelle Huppert. Die Protagonistin, gefangen in einer toxischen Beziehung mit ihrer dominanten Mutter, flüchtet sich in voyeuristische und sadomasochistische Praktiken. Haneke setzt Jelineks komplexe psychologische Studie mit kühler Präzision um. Er behält die zentrale Thematik der Roman-Vorlage bei und zeigt eindrücklich, wie Erika unter der erdrückenden Kontrolle ihrer Mutter emotional und sexuell verkümmert. Der Film beleuchtet feministische Aspekte wie die Unterdrückung weiblicher Sexualität und die Auswirkungen patriarchaler Strukturen auf Mutter-Tochter-Beziehungen. Besonders die Darstellung von Erikas verstörender Sexualität und ihrem Versuch, Macht durch sadomasochistische Praktiken zu erlangen, fordert traditionelle Geschlechterrollen heraus. Als der junge Student Walter Klemmer, gespielt von Benoît Magimel, in Erikas Leben tritt, eskaliert die Situation. Die sich entwickelnde Beziehung zwischen Erika und Walter ist geprägt von Machtspielchen, Unterwerfung und Gewalt.

Haneke fordert das Publikum heraus, sich mit unbequemen Wahrheiten über Macht, Begehren und Gewalt auseinanderzusetzen. Die visuelle Gestaltung des Films unterstreicht die emotionale Kälte und Isolation der Charaktere. Haneke nutzt lange, statische Einstellungen und eine zurückhaltende Farbpalette, um die klaustrophobische Atmosphäre zu verstärken. Die Musik, insbesondere Schuberts Klavierstücke, dient als Kontrapunkt zur emotionalen Verarmung der Figuren. "Die Klavierspielerin" ist kein leicht verdaulicher Film. Er konfrontiert die Zuschauer:innen mit unangenehmen Wahrheiten über menschliche Beziehungen und gesellschaftliche Strukturen. Dabei verzichtet er bewusst auf eine moralische Wertung und überlässt es dem Publikum, die dargestellten Handlungen und Motivationen zu interpretieren.

TW: verbale und physische Gewalt, sexualisierte Gewalt

Jan Luca Lorey

Gezeigt im Rahmen der Filmreihe: Verfilmte Autorinnen

Bild: © Canal+

Type of Event
Organization