Lynchs dritter Spielfilm wird immer wieder als der erste Film beschrieben, der uns den David Lynch zeigt, an den zuerst gedacht wird, wenn wir seinen Namen hören. Die Dekonstruktion der Americana-Vorstellungswelt, psychoanalytische Abgründe, die Verarbeitung herrschender Gewaltverhältnisse und die ersten Ansätze des Detektivmotivs, das später für Twin Peaks (1990-91, 2017) wichtig werden sollte - all dies lässt sich in diesem Film wiederfinden. Auch die ersten Einstellungen in überbelichteter Werbeästhetik, in der sich die Kamera bis unter die Oberfläche des schön gemähten Rasens zu den rastlosen Käfern vorarbeitet, wird immer wieder herangezogen, um Lynchs Weltblick auf einen nachvollziehbaren Punkt zu bringen.
Für mich sind es vor allem die Szenen mit Dennis Hoppers Figur Frank, die sich eingebrannt haben. Die Karaoke-Szene in fremdartiger Ausleuchtung, seine Mischung aus Gewalttätigkeit und Unterwürfigkeit im Umgang mit Rossellinis Nachtclub-Sängerin Dorothy und seine homoerotisch angehauchte Bindung zu unserem überforderten Protagonisten sind in dieser Hinsicht besondere Höhepunkte. In ihm bündeln sich die spannendsten und auch befremdlichsten Aspekte des Films, die Blue Velvet auch bei erneutem Sehen weiterhin interessant bleiben lassen.
