Ist im sexuellen Kontext jedes gesprochene Ja auch als ein tatsächliches Ja zu verstehen? Dieser unangenehmen, aber wichtigen Frage versucht sich der Debütfilm der britischen Regisseurin Molly Manning Walker mit präziser und behutsamer Beobachtungsgabe zu nähern. Die Kamera begleitet eine Gruppe junger Frauen, die sich in ihrem Leben an einem Scheideweg kurz vor dem Erwachsenendasein stehen. Im Erlebnis-und Partyurlaub auf Kreta werden die sozialen Bindungen unter den Freundinnen auf eine harte Probe gestellt.
Walkers Erstlingswerk arbeitet im Laufe seiner Erzählung und durch die Verbindung von Individuen mit den sie umgebenden Gruppen den oppressiven Grundcharakter der gegenwärtigen Partykultur, den Zwang zum Spaß-Haben heraus, der einer allgemeinen Akzeptanz von Übergriffigkeit den Weg ebnet. Beinahe erscheint es so, als würde die kapitalistische Meritokratie jedem tatsächlichen Genuss, Exzess oder jeder Zärtlichkeit im Weg stehen wollen, wie sich besonders an den Streitigkeiten zwischen den Freundinnen selbst zeigt. Hat die sexuelle Befreiung also jemals tatsächlich stattgefunden, wie sie einstmals versprochen wurde?
JE Thomberg
Bild:© Capelight Pictures, Nikolopoulos Nikos