Vor 50 Jahren, am 11. September 1973, putschte der Militär Augusto Pinochet, mit Unterstützung der USA, gegen den demokratisch gewählten, linken Präsidenten Salvador Allende. Damit begann eine lange, vom Westen unterstützte Diktatur, die von Folterungen in Geheimgefängnissen und einem radikalen Neoliberalismus der Chicago Boys geprägt war und bis heute das Land prägt. Die Diktatur endete 1990, Pinochet blieb bis 1998 Oberbefehlshaber der Armee und wurde nie verurteilt.
Das Koki zeigt die restaurierte, epochale, dreiteilige Dokumentation des Putsches LA BATALLA DE CHILE von Particio Guzmán und den aktuellen Film des Altmeisters, MI PAIS IMAGINARIO, über die jüngste Protestwelle. Mit der Kreativität des chilenischen Widerstands beschäftigen sich Sophia Boddenberg und Michell Moreno in SENTIDO (EN) COMÚN und stehen im Anschluss zum Gespräch zur Verfügung.
Zum Auftakt lädt das Koki am Sonntag, 17.9., zwischen und nach den Filmen zu Live-Musik von EL OTRO SUR und zum weiteren Austausch ein.
SENTIDO (EN) COMÚN – GEMEINSINN
Nach dem Militärputsch wurde Chile in ein striktes neoliberales Wirtschaftsmodell überführt. Seit dem Ende der Diktatur wird gegen die durch dieses Modell verursachte soziale Ungleichheit protestiert. 2019 gipfelten diese Proteste in einem historischen Aufstand, in dem Millionen von Menschen mehrere Monate auf die Straßen gingen. Der Versuch der Regierung die Proteste gewaltsam niederzuschlagen, wurde von den Menschen ungewöhnlich beantwortet: durch Kreativität.
Der Film dokumentiert eine Geschichte über den kollektiven Wunsch, sich von der Unterdrückung zu befreien und eine Gesellschaft der Würde zu schaffen.
Chile 2020 / OmU / 73 Min. //
Regie & Produktion: Sophia Boddenberg und Michell Moreno //
So 17.9., 17:30 / Im Anschluss: Videogespräch mit den Filmemacher*innen Sophia Boddenberg und Michell Moreno / Moderation: Luciano Ibarra //
LA BATALLA DE CHILE – DER KAMPF UM CHILE
LA BATALLA DE CHILE ist Ausdruck und Höhepunkt einer produktiven Periode im chilenischen Dokumentarfilm, die eng mit der Präsidentschaft Salvador Allendes zusammenhing und mit dem Militärputsch am 11. September 1973 jäh beendet wurde. Der Film setzt am Vorabend der letzten freien Wahlen im März 1973 ein und endet am Tag nach dem Putsch.
Die ersten beiden Teile folgen der täglichen Chronologie der Ereignisse. Agil bewegt sich die Erzählung zwischen Plenarsaal und Straßenkampf, Streikkomitees und Nachbarschaftshilfe, Autokorsos und Großdemonstrationen und dokumentiert somit nicht nur, was geschieht, sondern macht Zusammenhänge und Widersprüche sichtbar.
Im dritten Teil reflektiert Guzmán auf diese atemlose Zeit und bemüht sich um ein genaueres Verständnis der solidarischen Praxis der Arbeiter und des Klassenkampfes.
Von Anfang an, so Guzmán einmal, sei es ihm und seinem Team darum gegangen, mit diesem Film Gedächtnisarbeit für spätere Generationen zu leisten. Als sie zu drehen anfingen, war freilich nicht abzusehen, dass sie sich schließlich einem Regime gegenübersehen würden, dem es nicht zuletzt um die Zerstörung der Erinnerung und um das Verwischen von Spuren ging. (Deutsches Historisches Museum, Berlin)
Zum 50. Jahrestages des Putsches wurde die vielfach ausgezeichnete Trilogie digital restauriert, mit der Stimme von Guzmán neu vertont und mit deutschen Untertiteln versehen.
LA BATALLA DE CHILE I - La insurrección de la burguesía
DER KAMPF UM CHILE I – Der Aufstand der Bourgeoisie
Chile/Kuba 1975 / OmU / 100 Min. //
Regie: Patricio Guzmán //
So 17.9., 20:00 //
LA BATALLA DE CHILE II - El golpe de estado
DER KAMPF UM CHILE II – Der Staatsstreich
Chile/Kuba 1976 / OmU / 90. Min. //
Regie: Patricio Guzmán //
Di 19.9., 19:30 //
LA BATALLA DE CHILE III - El poder popular
DER KAMPF UM CHILE III – Die Volksmacht
Chile/Kuba 1979 / OmU / 83 Min. //
Regie: Patricio Guzmán //
Mi 20.9., 21:30 //
MI PAÍS IMAGINARIO – DAS LAND MEINER TRÄUME
Patricio Guzmán ist der Filmchronist Chiles. Er dokumentierte in der epochalen Trilogie LA BATALLA DE CHILE den Putsch vor 50 Jahren und verarbeitete die im Staatsterrorismus erlittenen Traumata seiner Landsleute in NOSTALGIA DE LA LUZ. Als 2019 1,5 Millionen Menschen mit demokratischen Forderungen auf die Straße gingen, kam das selbst für ihn überraschend, denn mit dieser Form des kollektiven Aktivismus hat der Altmeister nicht mehr gerechnet – und machte, 78-jährig, einen weiteren Film.
Die Erhöhung der Metropreise in Santiago de Chile waren der berühmte Tropfen im ohnehin vollen Fass. Ein gerechteres Bildungs- und Gesundheitssystem sowie eine neue Verfassung wurden der Kern der Proteste, deren vorderste Front von Frauen geführt wurde. Der Film ist angesiedelt zwischen Reportage und Reflexion, die die Handschrift des Altmeisters trägt und den Film enorm bereichert.
Chile 2022 / OmU / 83 Min. //
Regie & Buch: Patricio Guzmán //
Mi 20.9., 19:30 / Sa. 23.9., 19:30 //