Celebrating New Wave: Kunst in Almanya
Film, Videokunst, Literatur, Performance, Musikk/Konzert
12.-16. Juli 2023
„Celebrating New Wave“ stellt Künstler*innen in den Fokus, die durch die sogenannte „New Wave“-Migration in den letzten zehn Jahren aus der Türkei nach Deutschland geflohen sind. Das Festival bringt diese Generation mit Künstler*innen aus der Türkei zusammen, die bereits seit längerer Zeit in Deutschland leben. Insbesondere seit der brutalen Niederschlagung der Gezi-Rebellion in Istanbul durch die AKP-Regierung 2013 und dem sogenannten Putschversuch in der Türkei im Jahr 2016 erlebt das Land verschärfte Repressionen und einen noch nie dagewesene Abwanderung von gut ausgebildeten, intellektuellen und kreativen Menschen. Frauen, die queere Community und die kurdische Bevölkerung sind von der Unterdrückung in der Türkei am stärksten betroffen.
Wir freuen uns sehr, dass fast alle Künstler*innen fünf Tage lang nach Freiburg kommen, um dem Publikum ihre Werke zu zeigen und sich auch untereinander kennenzulernen. Zum ersten Mal wird ein Festival in Deutschland ins Leben gerufen, das die künstlerischen Arbeiten der sogenannten „New Wave“-Generation zeigt und ihre Perspektiven auf „Almanya“ sichtbar macht. Wir laden Sie herzlich ins Kommunale Kino ein, um zu sehen, zu hören, zu diskutieren, zu tanzen. Hos, geldiniz!
Kuratiert von Neriman Bayram, Martina Priessner, Didem Yazıcı
In Kooperation mit iz3w, FAIRburg e. V., Wahlkreis 100% und Das lesewütige Kaffeekränzchen (RDL)
PROGRAMM
Mi 12.07.
14:00-18:30: Videoprogramm: Gülsün Karamustafa, Ceren Oykut, Özlem Sarıyıldız, Viron Erol Vert / Eintritt frei
19:00: GHOSTLY (Regie: Buse Film von Buse Yıildıirıim) Im Anschluss Gespräch mit Buse Yıldırım / Eintritt frei
20:00: AŞK, MARK VE ÖLÜM – LIEBE, D-MARK UND TOD (Regie: Film von Cem Kaya) Im Anschluss Gespräch mit Cem Kaya / Zum Ausklang Live-Konzert mit Coşkun Trio & Ibrahim Sarıaltın
Do 13.07.
11:00: GÖLGE – ZUKUNFT DER LIEBE (Regie: Sema Poyraz & Sofoklis Adamidis) – Babys willkommen!
(Regie: Sema Poyraz & Sofoklis Adamidis)
14:00-18:00: Videoprogramm / Eintritt frei
18:30: Fremd. /Yaban. (Film vonRegie: Hakan Savaş Mican) Im Anschluss Online-Gespräch mit Hakan Savaş Mican / Eintritt frei
19:30: GÖLGE – ZUKUNFT DER LIEBE (Regie: Film von Sema Poyraz & Sofoklis Adamidis) / Im Anschluss Gespräch mit Zu Gast: Sema Poyraz & Semra Uyusallar
22:00: Lesung von Şehbal Şenyurt Arınlı: Leben aus dem Koffer (moderiert von Jenny Warnecke)
Fr 14.07.
09:00-13:00: Schulvorstellung: AŞK, MARK VE ÖLÜM – LIEBE, D-MARK UND TOD (Film von Regie: Cem Kaya)
14:00-18:00: Videoprogramm / Eintritt frei
Loop
18:00: Panel „Surfing New Wave“ mit Videokünstler*innen Mit Künstler*innen: Candaş Baş, Leman Darıcıoğlu, Ceren Oykut, Viron Erol Vert (moderiert von Moderation: Didem Yazıicıi), Sprache: Türkisch/Deutsch / Eintritt frei
19:30: Performance von von Leman Darıcıoğlu: Lick the scar, enter the wound / Eintritt frei
20:00: Konzert mit Derya Yıldırım / Eintritt frei
21:00: Party & Sommerfest Koki : DJ PartySet: mit Hüseyin Evirgen Magna Pia / Eintritt frei
Sa 15.07.
12:00-16:00: Videoprogramm / Eintritt frei
17:00: 9/8 FIGHT 41 – EIN 9/8-KAMPF FÜR UNS ALLE (Film vonRegie: Gizem Aksu) Im Anschluss Gespräch mit / Zu Gast: Gizem Aksu
18:30: KARA KAFA (Film von Regie: Koran Yurtsever) / Zu Gast Im Anschluss Gespräch mit : Koran Yurtsever, Moderation: Can Sungu
21:00: Performance von Candaş Baş: Yolluk / Eintritt frei
22:00: GURBET IS A HOME NOW (Film von Pınar Öğrenci)
So 16.07.
11:00: Panel „Routes & Roots“ – Kollektive und individuelle Praktiken. Mit Necati Sönmez, Melehat Kutun, Özlem Sarıyıldız, Şehbal Şenyurt Arınlı, Senem Aytaç (Moderation), Sprache: Türkisch/Deutsch / Eintritt frei
17:00: INVISIBLE TO THE EYE – AH GÖZEL ISTANBUL (Film von Zeynep Dadak) Im Anschluss Online-Gespräch mit Zeynep Dadak
20:30: KÖY (Film von Serpil Turhan) Im Anschluss Online-Gespräch mit Serpil Turhan
Künstler*innen: Gülsün Karamustafa, Ceren Oykut, Özlem Sarıyıldız, Viron Erol Vert
Kuratorin: Didem Yazıcı
Mi 14:00-18:30
Do 14:00-18:00
Fr 14:00-18:00
Sa 12:00-16:00
Kinosaal, Eintritt frei
Video
Gülsün Karamustafa: Memory of a Square – Meydanın Belleği (2005), 17 Min.
»Die Erinnerung, sowohl die individuelle als auch die kollektive, ist ein zentrales Thema in Karamustafas Werk. Sie wird von derDie Künstlerin versteht sie als flexibles Konzept verstanden, mit dem sie die Geschichte der Türkei mit ihrer persönlichen Biografie vermittelnt und verweben kannt.
Zwischen 1960 und 1980 erlebte die Türkei drei Militärputsche und befand sich in einemn Zustand des soziopolitischen Wandelssozio-politischer Umbrüche, von denen Karamustafa als unfreiwillige Zeugin zwangsweise miterleben musstebetroffen war, da ihr sie vondie Regierung von 1971 bis 1986 von der Regierung an derdie Ausreise gehindert wurdeaus dem Land verwehrte. „Memory of a SquareMemory of a Square“ (2005) beleuchtet fokussiert auf die öffentlichen und privaten Aspekte dieser Ereignisse, wobei ein Video am auf dem öffentlichen Ort des Platzes und ein anderes im häuslichen Umfeld in der Wohnung spielt. Die unterschiedlichenverschiedenen Erzählungen und formalen Elemente verdeutlichen die deuten auf die Unterschiede zwischen historischern Aufzeichnungen und persönlicheren Erfahrungen hin, während die Ähnlichkeiten und sich überschneidendenüberlappenden Bilder die Auswirkungen des einen auf das andere verdeutlichenaufzeigen.
Der Titel der Arbeit bezieht sich direkt auf die Geschichte des Taksim-Platzes in Istanbul und seinen Platz in der Bedeutung in der StadtgGeschichte der Stadt als Treffpunkt für das alltägliche Leben und politische Aktionen. Karamustafa bezieht sichnutzt jedoch auf die Tatsache, dass der Hauptplatz in vieleren Städteen häufig zum Mittelpunkt politischer Demonstrationen und Aktionen wird, und obwohl sich die trotz der Bezugnahme Installation auf die Türkei bezieht, könnte sie auch fürgenauso gut die Geschichte von Ländern wie Argentinien, Spanien, China oder jüngstin jüngster Zeit Ägypten stehen,repräsentieren könnte, die ähnliche FällePhasen von politischern Unruhen durchlebt haben.erlebt haben.«
(Barbara Heinrich, Gulsun Karamustafa: Meine Rosen Meine Träumereien, Istanbul 2007, S. 110-112)
Video
Özlem Sarıyıldız: Willkommen in Deutschland? (2018), 25 Min.
„Willkommen in Deutschland?“ (2018) ist ein selbstreflexiver Film, der auf den Motiven und Erfahrungen von Sarıyıldız Freunden basiert, die nach der Gezi-Revolte im Jahr 2013 aus der Türkei nach Berlin umgezogen sind. Mit einem Gefühl der Dringlichkeit und mithilfe eines Gefühlsarchivs der Migration möchte der Film die Zeitgeschichten des Herkunftslandes und des Ziellands anhand von Erzählungen der Neuankömmlinge darstellen. Der Film sucht nach demokratischen Formen der Geschichtsschreibung, in denen die Geschichten ineinandergreifen, sich überschneiden und ihre Grenzen verschwimmen, und somit kommt er unseren gemeinsamen Geschichten näher.Welcomed to Germany?Willkommen in Deutschland“ ist ein selbstreflexiver Film, der auf den Motiven und Erfahrungen von Sarıyıldız Freund*innen basiert, die nach der Gezi-Revolte im Jahr 2013 aus der Türkei nach Berlin migrierten. Mit einem Gefühl der Dringlichkeit und mithilfe eines Gefühlsarchivs der Migration erzählen die neuen Bewohner*innen ihre Stadt, in der sie gerade angekommen sind. lDie Videoarbeit sucht nach demokratischen Formen der Geschichtsschreibung, in denen die Narrative ineinandergreifen, sich überlappen, ihre Grenzen verschwimmen und so unseren gemeinsamen Geschichten näher kommen: te fabula naratur.
Video
Ceren Oykut: Map of Neither (2022), 30 Min.
„Map Of Neither“ (2022-fortlaufend) konzentriert sich auf die undefinierte FegefeuerzoneZwischenzone zwischen den WörternBegriffen »Emigrant*innen" und »Immigrant*innnen" und enthüllt die Geschichten der verborgenen Details und präsentiert einen neutralen Raum mit IndividuenEinzelpersonen. Es handelt sich um eine panoramischePanorama- Videoinstallation mitvon Animations-Loopsschleifen.
Wenn wir in einen neuen Raum ziehen, wie genau wird dieser Raum dann personalisiert? Was passiert im Prozess der Eingewöhnungbeim Einleben oder wann fühlt man sichfühlt man sich eingelebt? Geht es um das Visum, die Sprache, die Nachbarschaft oder vielleicht darum, wie ein Raum genutzt wird?
Ceren Oykuts Arbeit „Map of Neither“ stellt die MappingKarthierungs-Mmethoden in Frage und bietet eine individuelle Beschreibung des Einlebens. In ihrem Buch „Queer Phenomenology: Orientations, Objects, Others“ (2006) schreibt die feministische SchriftstellerinAutorin und Wissenschaftlerin Sara Ahmed, dass "diese Orientierung als die gelebte Erfahrung beschrieben werden könntekann, in mindestens zwei Richtungen zu blicken: in Richtungauf eines verlorenes n Zuhauses und auf einen Ort, in Richtung eines Ortes, der noch nicht das kein Zuhause ist. Und doch ist befindet sich eine migrantische Orientierung nicht notwendigerweiseunbedingt im Körper der Migrant*innen angesiedelt, als "doppelter PunktDoppelpunkt" ihrer Sichtweise. Auf gewisse Weise hilft uns das Im Nachdenken über Migration, zu erkunden, wird erforscht, wie Körper ankommen und wie sie als Bedingung der Ankunft in diese oder jene Richtung auf diese oder jene Weise gelenkt werden als Bedingung der Ankunft. Dies hat wiederum damit zu tun, wie das »an Ort und Stelleim Ort« platziert wird.
Video
Viron Erol Vert (2017-2020): Πορφυρογέννητος, Porphyrogénnētos, 17:06 Min.
Der Film beginnt im Treppenhaus des HausesGebäudes vor der Wohnungstür, von wo aus »die „Kamera«“ den Betrachter ins Innere hineinführt. Die Protagonist*innen des Films sind zwei Ttespih, traditionelle islamische Gebetsperlenkettchen, in den thematischen Komplementärfarbenkomplementären Farben Llila und Ggrün, die auch bedeutungsvolle Objekte aus der Kindheit desr Künstlersin sind. Diese Ttespihs begeben sich auf eine fantastische, traumähnliche Reise durch das in 3D -gerenderte Modell der nun leeren Wohnung, und streifen ein letztes Mal durch die Räume, ein letztes Lebewohlum sich zu verabschieden. Das verknotete Taschentuch taucht auf und entfaltet die Erinnerung an die Vergangenheit, und während die Gebetsketten von Raum zu Raum schweben, begegnen wir all den vertrauten Objekten, Symbolen und Farben wieder, die nun auf eine ganz andere Weise lebendig geworden zu sein scheinen. Irgendwann
An einem bestimmten Punkt der Reise lösen sich die Wände der Wohnung langsam auf und geben den Blick auf die Straße und die Umgebung frei. Die Absurdität der Begegnungen der Objekte, die an eine dadaistische Collagen erinnernt, spiegelt die Komplexität eines Jahrhunderts Familiengeschichte soebenso wider wie die Irritation durch die tiefgreifenden Transformationsprozesse wider, die die Stadt Istanbul in den letzten Jahrzehnten durchlaufen hat.
Film
GHOSTLY
Buse Yıldırım / 2020 / 12 Min. / Türkei / OmeU
Mi 12.07., 19:00, Kinosaal / Zu Gast:Im Anschluss Gespräch mit Buse Yıldırım
Bilder aus Istanbul und Berlin werden mit Reflexionen und Beobachtungen der neuen Migrant*innen aus der Türkei, auch bekannt als »New Wave«, verwoben. Erinnerungen an die Euphorie der Gezi-Proteste weichen einer Atmosphäre von Enge und Angst. Die Sehnsucht nach Freiheit und Sicherheit ist ein treibender Motor für viele, das Land zu verlassen. Eine Stimme sagt: »«Nun kann ich wieder frei atmen, doch begleitet mich eine immense Traurigkeit.«
Das kunstvolle audiovisuelle Porträt basiert auf einer wissenschaftlichen Untersuchung der Regisseurin am Fachbereich Visuelle und Medienanthropologie der Freien Universität Berlin und erforscht die Selbstverortung und die Bewältigungsstrategien der Migrant*innen in ihrer neuen Umgebung in Berlin. Wut, Trauer, Frustration stehen Seite an Seite mit Erfahrungen der Solidarität, Selbstliebe und kraftvoller Entschlossenheit. Zur ersten Generation der Arbeitsmigrant*innen hat man kaum Kontakt – politische Gemeinsamkeiten gibt es vermeintlich nicht – und doch werden die starken Verbindungen deutlich: »Ich bin hier, weil sie die Scheiße weggeputzt haben. So, wer bin ich, um sie zu verurteilen?«
Film
AŞK, MARK VE ÖLÜM – LIEBE, D-MARK UND TOD
Cem Kaya / Deutschland / 2022 / 92 Min. / OmU
Mi 12.07., 20:00, Kinosaal / Im Anschluss Gespräch mit Cem Kaya
Mit den Menschen brachte das Anwerbeabkommen mit der Türkei 1961 auch die Musik der »Gastarbeiter*innen« nach Deutschland. Cem Kayas dichter Dokumentarfilmessay ist eine Nachhilfestunde in türkisch-deutscher Zeitgeschichte: Fließbandjobs, Heimweh und Familiennachzug, der Basar im Berliner Hochbahnhof Bülowstraße, Xenophobie und Rassismus, die wehmütigen Lieder der frühen Jahre und der Hiphop der Nachwendezeit. Von all dem erzählen die Musiker*innen, beginnend mit Metin Türk.z und Yüksel Özkasap über die psychedelischen Derdiyoklar bis zum Rapper Muhabbet, der in dendie Charts standeroberte. Ihre Musik entwickelte sich fernab von den deutschen Bands, immer getragen von der türkischen Gemeinschaft und deren Bedürfnissen. Es geht um Radio Yıilmaz, diverse Musikkassettenlabels, das deutsche Exil des Protestrockers Cem Karaca und um Hochzeitsbands, die auch auf Kurdisch und Arabisch singen, um den Markt zu bedienen. Umfangreiche Archivrecherche und das Interesse an türkischer Populärkultur sind wiederkehrende Themen in Cem Kayas Werk. Mit AŞK, MARK VE ÖLÜM schafft er ein rhythmisch und lebendig erzähltes, filmisches Nachschlagewerk der türkischen Musik in Deutschland. Publikumspreis: Berlinale (Panorama) 2022!
Im Anschluss an den Film Konzert mit dem Coşkun Percussion Trio & Ibrahim Sarıaltın
Rhythmus, Puls, Blickkontakt und rein ins Labyrinth der Rhythmen, Trommelsilben und perkussiven Geheimgänge! Übt man sowas am Essenstisch? Auch in einer Trommel-Familie ist intensives Üben angesagt, wenn neue Stücke entstehen und die Familienband um den renommierten Worldpercussionisten Murat Coşkun ihr Konzertprogramm erstellt. Seit über zwölf Jahren stehen die beiden jungen Musiker*innen Yaschar (19) und Malika (17) Coşkun mit ihrem Vater in verschiedenen Projekten auf der Bühne.
Mit als langjähriger Freund und musikalischer Gast dabei: Ibrahim Sarıaltın, der in Freiburg lebende Bağlama-Spieler, mit dem sie zahlreiche gemeinsame Auftritte mit Paul Maar („Das fliegende Kamel – Uçan Deve“) hatten. Das Projekt wurde als ein besonderer Beitrag für den interkulturellen Dialog zwischen Deutschland und der Türkei vom Auswärtigen Amt in die Ernst-Reuter-Initiative aufgenommen. "Das fliegende Kamel“ erhielt 2013 den „Preis der deutschen Schallplattenkritik“ und 2015 den Deutschen Medienpreis „Leopold“.
Malika Coşkun: Rahmentrommel, Akkordeon, GesangYaschar Coşkun: Rahmentrommel, Gesang
Murat Coşkun: Rahmentrommel, Gesang
Ibrahim Sarıaltın: Bağlama, Gesang
Film
GÖLGE – ZUKUNFT DER LIEBE
Sema Poyraz, Sophokles Adamidis / DE / 1980 / 92 Min. / OF
Do 13.07., 11:00, Kinosaal / Babys sind willkommen
Do 13.07., 19:30, Kinosaal / Im Anschluss Gespräch mit Sema Poyraz und Semra Uyusallar
Gölge bedeutet im Türkischen so viel wie „Schatten“ und ist der Name einer jungen Frau. Gölge ist die Tochter türkischer Einwanderer und gehört Ende der 1970er-Jahre zur sogenannten „Zweiten Generation“. Sie lebt mit ihrer jüngeren Schwester und ihren Eltern in einer kleinen Zwei-Zimmer-Wohnung in Berlin-Kreuzberg. Zunehmend sehnt sie sich Freiheit und Selbstverwirklichung, sie will sich ausprobieren und gleichberechtigte Beziehungen leben, während sie von ihrem strengen Vater umgeben ist, der starr an seinen konservativen Werten festhält. Auch ihre Mutter unterstützt sie nur begrenzt. Gölges Wunsch, nach dem Schulabschluss Schauspielerin zu werden, stößt auf vehementen Widerstand ihres Vaters. Bei Gölge führt das nur zu noch größerem Widerstand und lässt sie in Tagträume abdriften …
Gölge ist Sema Poyraz´ Abschlussfilm an der Deutschen Film- und Fernsehakademie (dffb) und entstand in Zusammenarbeit mit ihrem griechischen Kommilitonen Sofoklis Adamidis. Die Schauspieler*innen sind Laiendarsteller*innen, Gölge wird von Poyraz´Schwester Semra Uysallar gespielt, die auch zu Gast ist.
»Es ist dies ein Gründungsfilm des türkisch-deutschen Kinos, der in seiner konzeptionellen Strenge und in der Darstellung von Gesellschaft als andauerndem Aushandlungsprozess wie auch in der sympathisierenden Inszenierung der sexuellen Phantasien der erwachsen werdenden Gölge einen damals neuen Weg beschreitet.« (Madeleine Bernstorff)
Film
FREMD. YABAN.
Hakan Savaş Mican / Deutschland / 2007 / 18 Min. / 35 mm / OmEU /Originalsprache
Deutsch, Türkisch
Do 13.07., 18:30, Kinosaal / Online-Filmgespräch mit Hakan Savaş Mican
Gleich zu Beginn verletzt sich Adem an einer Pflanze. Der Dorn steckt tief in seinem Finger. Gleich zu Beginn des Besuchs von Meryem, seiner Mutter. Ihr machen die Treppen zu schaffen. Der Regisseur und Autor Hakan Savaş Mican braucht wenige, präzise Striche, um die Entfremdung zwischen Mutter und Sohn anschaulich zu machen. Meryems Besuch stellt Adems soziokulturelle Selbsteinschätzung auf die Probe. Als Architekturstudent fühlt er sich einer anderen Schicht zugehörig als der Gastarbeiterschaft, die er seiner Mutter zuschreibt. Mit feinem Gespür für Situationskomik fordert FREMD seinen Protagonisten, gespielt von Ismail Sahin, heraus.
Gedreht wurde der Film fast ausschließlich in einer kleinen Wohnung. Die Farben sind kühl gehalten. Trotz der formalen Strenge hat das Kammerspiel Wärme, was wiederum der Figur der von Sema Poyraz gespielten Meryem geschuldet ist. Bemerkenswert ist auch, wie gekonnt Hakan Savaş Mican mit Objekten arbeitet. Bohrt sich am Anfang der Dorn im Finger, steht am Ende ein Paar Hausschuhe an der Schwelle zu einem Zimmer: ein Gegenstand mit Gebrauchscharakter, der zugleich ein tiefes Gefühl birgt. (Biene Pilavci)
Lesung
Şehbal Şenyurt Arınlı: Leben aus dem Koffer
Moderation: Jenny Warnecke, Fairburg
Do 13.07., 22:00, Kinosaal
"Der grässlichste Augenblick des Exils ist der Moment, in dem man erwacht. Ja, es ist exakt der Moment, in dem du fragst: Wo bist du?" (Şehbal Şenyurt Arınlı)
In Form eines Tagebuches über die Zeit vom September 2017 bis Februar 2020 erzählt Şehbal Şenyurt Arınlı in „Leben aus dem Koffer“ nicht nur von den politischen Zuständen ihrer Heimat, von Militarismus und Nationalismus und der Knebelung der Opposition, sondern auch von dem Neuanfang hier, den vielschichtigen Gefühlen und Erfahrungen. Sie beobachtet mit scharfem Blick, in wenigen Zeilen stecken oft unterschiedliche Themen. Die Geschichten verweben Gegenwart und Vergangenheit, sind mal reflektierend und nachdenklich, mal poetisch, mal hochemotional. Was steckt in dem Koffer – eingepackt oder hineingeschmuggelt, jede*r kann solche Erfahrungen teilen. Wichtig ist am Ende das Ankommen, so formuliert es die Autorin in einem Interview: „Ich möchte mich nicht auf das konzentrieren, was fehlt. Sonst kann ich nicht weitermachen.“
Leben aus dem Koffer. Gehversuche im Exil / Aus dem Türkischen von Sabine Adatepe, Monika Demirel, M. Hulki Demirel / Aschendorff Verlag / Münster /2022
Panel
„SURFING NEW WAVE“ mit den Künstler*innen: Candaş Baş, Leman Darıcıoğlu, Ceren Oykut, Viron Erol Vert Moderation: Didem Yazıcı. Sprache: Türkisch/Deutsch
Fr 14.07., 18:00, Kinosaal
Was ist New Wave? New Wave ist keine Kunstbewegung, sondern eine Migrationswelle, die durch die Menschen entstanden ist, die im letzten Jahrzehnt aus der Türkei nach Deutschland kamen. Anstatt die Arbeit der Künstler dieser Migrationswelle mit reduktionistischen Bezeichnungen anhand von Begriffen "Identität", "Migration" und "Zugehörigkeit" einzugrenzen, konzentrieren wir uns sorgfältig und akribisch auf die individuellen Forschungsthemen der einzelnen Künstler.
‚Surfing The New‘ legt ihr Fokus auf die individuellen künstlerischen Praktiken der Künstler, deren Videos und Performances im Rahmen des Festivals aufgeführt werden und diskutiert, wie sie ihre Arbeit im New Wave-Kontext positionieren. Wie hat sich der Umzug nach Deutschland auf die Produktion der Künstler ausgewirkt? Wie surfen sie und gehen sie mit den gesellschaftlichen und emotionalen Situationen um, die die neue Welle hervorgebracht hat.
Performance
Leman Sevda Darıcıoğlu: Lick the scar, enter the wound (2022), 33 Min.
Fr 14.07., 19:30, Open-Air unter den Kastanien
"Lick the scar, enter the wound" ist eine 33-minütige Untersuchung einer normalerweise langandauernden Performance-Künstlerin über das, was in queeren Körpern aus dem Globalen Süden im Sinne von Verletzlichkeit und Stärke stecktsteckt. Durch die Kombination vonIndem orientalischer und queerer Ästhetik und den kombiniert und Einsatz ritueller Bewegungsabläufe angewandt werden, hinterfragt die Performance verkörperte Widerstandsstrategien gegen konservative, cis-heteropatriarchale Unterdrückungsregime und versucht, die Exotisierung und Fetischisierung der Queerness des Globalen Südens aufzubrechen.
Live-Musik
Derya Yıldırım
Fr 14.07., 20:00, Open-Air unter den Kastanien
Die Hamburgerin Derya Yıldırım ist gehört seit einigen Jahren die Speerspitzezu den erfolgreichsten Künstlerinnen des türkischen-europäischen Crossover. Die Sängerin und Multi-Instrumentalistin erlernte von lernte als Kind Kindesbeinen an Klavier, Gitarre, Ud, Saxofon und Bağlama. Von 2013 bis 2016 studierte sie an der Hamburger Musikhochschule und setzte ihr Studium im Fach Bağlama bei Taner Akyol an der Universität der Künste in Berlin fort. Yıldırım arrangiert die reiche traditionelle türkische Poesie immer wieder neu und führt sie in die Zukunft, ohne dabei das Bewusstsein für die Vergangenheit zu verlieren.
Sie widmet sich fFür ihr Solo-Set widmet sie sich noch stärker dem anatolischen Folk. Mit der türkischen Laute Bağlama und ihrer vielschichtig resonierenden Stimme zieht sie die Zuhörerdas Publikum in die Welt der melancholischen Klänge. Sie agiert in verschiedensten Konstellationen und Projekten wie zum Beispiel der international besetzten türkisch-psychedelischen Volksmusik Band: Derya Yıldırım & Grup Şimşek. Sie veröffentlichten Zzwei Jahre nach dem Erfolg der Ep „Nem Kaldı“ veröffentlichten sie nun ihr erstes Debüt-Album „Kar Yağlar“ (Es schneit).
DJ-Set / mit Koki-Sommerfest
Magna Pia (Counterchange, Soma)
Fr 14.07., ab 21:00, Open-Air unter den Kastanien
Er ist Komponist, Produzent und DJ. Hüseyin Evirgen ist eine Hälfte von Cassegrain und arbeitet seit 2016 an seinem eigenen Solomaterial als Magna Pia. Seit fast zwei Jahrzehnten komponiert Hüseyin Evirgen er Musik für Theater, Tanzperformances und Mixed Media. Nachdem er Alex Tsiridis 2008 bei der Red Bull Music Academy kennengelernt hatte, gründeten sie das Techno-Duo Cassegrain. Seit ihrer ersten Veröffentlichung auf Mikrowave im Jahr 2010 haben sie mit einer Vielzahl von Labels wie Infrastructure NY, Prologue, Killekill, Ostgut Ton, Counterchange und Semantica zusammengearbeitet. 2016 gründeten sie ihr eigenes Imprint mit dem Namen "Arcing Seas", auf dem nun sowohl gemeinsame Arbeiten als Cassegrain, Soloprojekte als auch Gastkünstler*innen erscheinenveröffentlichen. Als Magna Pia arbeitet er zudem seit 2016 an seinem eigenen SolomaterialAls Magna Pia und konzentriert sich Hüseyin Evirgen auf kämpferische Dancefloor-Trips und unorthodoxe Klangstimmungen mit subtilen 90er-Jahre-Techno-Referenzen, während er sein Interesse an der Kombination zeitgenössischer Techno-Musik mit archaischer Symbolik beibehält.
Film
9/8 FIGHT 41 – EIN 9/8-KAMPF FÜR UNS ALLE
Gizem Aksu / Deutschland/Türkei / 2022 / 29 Min. / OmEU
Sa 15.07., 17:00, Kinosaal / Im Anschluss Gespräch mit Gizem Aksu
»However, one of the commons assumptions attributed to the romani is nomadism and rootlessness referred to nomadism. They redefine the meaning of being rooted and rooting through their bodies and their dances. Thanks to what I´ve learned from this legacy I choose to root myself into my migration experience through dropping my belly.« (Gizem Aksu)
Der Film basiert auf der Geschichte der deutschen Sinto-Roma Boxlegende Johann Wilhelm »Rukeli« Trollmann (1907-1944), der in den 1920er-Jahren berühmt wurde. Er würde beim Boxen »tanzen wie ein Gypsy« war der Vorwurf, aufgrund dessen er vielfältiger Diskriminierung durch das Nazi-Regime ausgesetzt war. 1944 wurde er im Konzentrationslager Wittenberge ermordet. Inspiriert von seinem Leben begibt sich die Regisseurin und Choreografin Gizem Aksu auf eine Reise zwischen Dresden, Berlin und Istanbul. Der Film verfolgt die Erfahrungen der Migration nach Berlin und den Kampf für Gerechtigkeit in Istanbul, indem er sich dem Tanz/Kampf von Rukeli als politische und performative Strategie anschließt.
»Jedoch wird den Roma häufig die Annahme des Nomadentums und der Wurzellosigkeit zugeschrieben, die mit dem Nomadentum verbunden sind. Sie definieren jedoch die Bedeutung von Verwurzelung und Verwurzeln neu durch ihre Körper und ihre Tänze. Dank dessen, was ich aus diesem Erbe gelernt habe, entscheide ich mich dafür, mich durch das Absenken meines Bauches in meine Migrationserfahrung zu verwurzeln.« (Gizem Aksu)
FilmKARA KAFA
Korhan Yurtsever / Türkei / 1979 / 82 Min. / Türkisch/Deutsch
Sa 15.07., 18:30, Kinosaal / Im Anschluss Gespräch mit Korhan Yurtsever
KARA KAFA erzählt von der immer auswegloseren Situation des türkischen Metallarbeiters Cafer, der seine Familie aus dem Dorf nach Deutschland nachholt. Cafer ist überzeugt, dass Deutschland das Land der unbegrenzten Möglichkeiten ist und die Familie aus der Armut retten wird. Aus seiner Sicht sollten alle Migrant*innen, die in Deutschland Arbeit haben, dankbar sein und gehorsam ihrer Arbeit nachgehen, ohne sich zu beklagen. Er mag die Vereine, die Gewerkschaften und Versammlungen nicht, die von manchen seiner Freund*innen und auch von seiner Frau Hacer besucht werden. Hacer engagiert sich in der Frauenbewegung. Sie verändert sich äußerlich und geistig. Ihr ältester Sohn ist einsam und wandert ziellos durch die Straßen der Stadt, während die Tochter zu Hause bleiben und sich um ihren neugeborenen Bruder kümmern muss. Wie das Lied im Abspann suggeriert, liegt das Schicksal der Arbeiter*innenfamilie in ihren eigenen Händen: „Wenn wir nicht aufstehen, endet unser Elend nicht!”
KARA KAFA wurde nach seiner Fertigstellung von dem damaligen Zensurkomitee in der Türkei sofort verboten, mit der Begründung, der Film verletze „die Ehre Deutschlands, der befreundeten Nation“. Die Weltpremiere des Films fand daher erst 2011 mit 32 Jahren Verspätung auf den Filmfestspielen in Antalya statt. KARA KAFA hebt sich vor allem mit seinem linkspolitischen Blick auf Migration und seiner offenen Gesellschaftskritik von anderen Beispielen des deutsch-türkischen Migrationskinos ab.
Korhan Yurtsever wurde in Istanbul geboren und arbeitete schon im jungen Jahren im Schnittstudio seines Onkels. Sein erster Film FIRATIN CINLERI aus dem Jahr 1978 gewann mehrere Preise, u.a. den Jurypreis des San Remo Film Festivals. Nach einer persönlichen Einladung des damaligen Berliner Bürgermeisters drehte er KARA KAFA in Berlin, im Ruhrgebiet und in der Türkei.
KARA KAFA erzählt von der immer auswegloseren Situation des türkischen Metallarbeiters Cafer, der seine Familie aus dem Dorf nach Deutschland nachholt. Cafer ist überzeugt, dass Deutschland das Land der unbegrenzten Möglichkeiten ist und die Familie aus der Armut retten wird. Aus seiner Sicht sollten alle Migrant*innen, die in Deutschland Arbeit haben, dankbar sein und gehorsam ihrer Arbeit nachgehen, ohne sich zu beklagen. Er mag die Vereine, die Gewerkschaften und Versammlungen nicht, die von manchen seiner Freund*innen und auch von seiner Frau Hacer besucht werden. Hacer engagiert sich in der Frauenbewegung. Sie verändert sich innerlich und äußerlich und geistig. Ihr ältester Sohn ist einsam und wandert ziellos durch die Straßen der Stadt, während die Tochter zu Hause bleiben und sich um ihren neugeborenen Bruder kümmern muss. Wie das Lied im Abspann suggeriert, liegt das Schicksal der Arbeiter*innenfamilie in ihren eigenen Händen: „Wenn wir nicht aufstehen, endet unser Elend nicht!”
KARA KAFA wurde nach seiner Fertigstellung von dem damaligen Zensurkomitee in der Türkei sofort verboten, mit der Begründung, der Film verletze „die Ehre Deutschlands, der befreundeten Nation“. Die Weltpremiere des Films fand daher erst 2011 mit 32 Jahren Verspätung auf den Filmfestspielen in Antalya statt. KARA KAFA hebt sich vor allem mit seinem linkspolitischen Blick auf Migration und seiner offenen Gesellschaftskritik von anderen Beispielen des deutsch-türkischen Migrationskinos ab.
Korhan Yurtsever wurde in Istanbul geboren und arbeitete schon im jungen Jahren im Schnittstudio seines Onkels. Sein erster Film FIRATIN CINLERI aus dem Jahr 1978 gewann mehrere Preise, u.a. den Jurypreis des San Remo Film Festivals. Nach einer persönlichen Einladung des damaligen Berliner Bürgermeisters drehte er KARA KAFA in Berlin, im Ruhrgebiet und in der Türkei.
Korhan Yurtsever / 1979 / Türkei / 82 Min. / Türkisch/Deutsch
Performance
Candaş Baş: Yolluk (2023), 30-40 Min.
Sa 15.07., 21:00, Open-Air unter den Kastanien
Fegefeuer – Die Anderen – Ausländer – Anfänge – Freiheit – Sicherheit – Erbe – Druck –Dissonanz – Vorurteile – Sprache – Belastbarkeit – Kreuzung – Wurzeln – Zittern – Schauder – Erinnern – Zugehörigkeit.
Rakı ist ein sehr beliebtes alkoholisches Getränk in der Türkei, auf dem Balkan und darüber hinaus. Der letzte Schluck Rakı heißt Yolluk und ist für den Weg, der vor uns liegt.
„Celebrating New Wave" beherbergt eine neue interaktive und performative Version der Arbeit von Candaş, die verschiedene Ebenen verkörpert: textbasierte Gespräche, Bewegungen und eine Geschichte der Selbstverwirklichung, die alles zusammenbringt. Während die vorherige Version der Performance von der eigenen Migrationsgeschichte der Künstler*in inspiriert war, konzentriert sich diese neue Version auf die Gegenwart und den Schwebezustand.
Film
GURBET IS A HOME NOW – GURBET ARTIK BIR EV
Pınar Öğrenci / D 2021 / 63 Min. / Englisch/Deutsch/Türkisch mit engl. & türk. Untertiteln
Sa 15.07., 22:00, Kinosaal / im Anschluss Gespräch mitzu Gast: Pınar ÖğOgrenci
Öğrenci untersucht in Film kritisch die städtebaulichen Prinzipien im Berlin der 1980er Jahre, die Migrantinnen durch Belegungsquoten verdrängten und ihre Auswirkungen bis heute. Dabei konzentriert sich der Film auf die persönlichen Erfahrungen und die Solidarität der migrantischen Frauen in Kreuzberg. Intensive Archivrecherchen bringen einen beeindruckenden Fundus an Fotos hervor. Vor allem das fotografische Archiv von Heide Moldenhauer, eine der wenigen Architektinnen der »Internationalen Bauausstellung« von 1987, spielt eine wichtige Rolle bei der Neubewertung der Kreuzberger Wohnungspolitik. Interviews mit Personen, die auf den Fotos zu sehen sind und die Öğrenci aufspürt, geben Einblicke in die Prozesse des Ankommens und des Lebens in der anfänglichen Fremde, dem »Gurbet«, das über die Jahre zu einem neuen Zuhause wird. Doch wie verändert sich die Bedeutung von Zuhause, wenn sich das Vorübergehende zu einem Dauerzustand entwickelt? »Dieses Zuhause, so macht der Film deutlich, haben sich die Arbeitsmigrant*innen in Kreuzberg aus ihrer Sehnsucht, Solidarität und ihren Ängsten und Erfahrungen gebaut. Ihr Gerüst liegt im Dazwischen. Im Gegensatz zu einem Gebäude lässt es sich nicht herunterreißen.« (Tuğba Yalcınkaya)
Panel
„Routes & Roots“ – Kollektive und individuelle Praktiken
Mit Necati Sönmez, Melehat Kutun, Özlem Sarıyıldız, Şehbal Şenyurt Arınlı, Senem Aytaç (Moderation), Sprache: Türkisch/Deutsch
So 16.07., 11:00, Kinosaal
Finden die Künstler*innen, die in den letzten Jahren nach Almanya kamen, hier tatsächlich die ersehnte Freiheit und Sicherheit? Jede*r von ihnen hat eine einzigartige Migrationsgeschichte, doch die Herausforderungen, sich neu zu verorten und individuelle Wege zu finden, anzukommen und neue »Wurzeln« zu schlagen, ähneln sich. Die türkisch-deutsche Migrationsgeschichte und politischen Fluchtbewegungen aus der Türkei, insbesondere in den 70er und 80er Jahren infolge der Putsche, brachten Netzwerke hervor, von denen nun auch die »New Wave« profitieren kann.
Allerdings ist der Alltag auch geprägt von strukturellem Rassismus, Alltagsrassismus, langwierigen Visa-Wartezeiten, Sprachbarrieren und dem besorgniserregenden Erstarken rechter Kräfte. Wie entwickeln die Künstler*innen Strategien, um diesen Herausforderungen zu begegnen und sich in ihre neue Umgebung einzufinden? Welche Bedeutung hat das Leben in der neuen Umgebung für ihr künstlerisches Schaffen und wie hat sich ihr Verhältnis zur Türkei verändert?
Über diese Fragen sprechen Necati Sönmez (Filmkritiker, Dokumentarfilmer, Festivalkurator), Melehat Kutun (Post-Doktorandin der Rosa Luxemburg Foundation, Universität Kassel), Özlem Sarıyıldız (Bildende Künstlerin & Filmemacherin), Şehbal Şenyurt Arınlı (Schriftstellerin, Journalistin, Dokumentarfilmemacherin, Menschenrechtsaktivistin), Moderation: Senem Aytaç
Film
AH GÖZEL İSTANBUL – INVISIBLE TO THE EYE
Zeynep Dadak / Türkei, Deutschland / 2020 / 85 min
So 16.07., 17:00, Kinosaal /, Im Anschluss Online-GFilmgespräch mit Zeynep Dadak
Ein kreativer Dokumentarfilm, der den Reisetagebüchern des armenischen Intellektuellen und Reisenden Eremya Celebi Komurciyan in das kosmopolitische Istanbul des 17. Jahrhunderts folgt. Die Kamera von Florent Herry streift durch die Straßen Istanbuls, betrachtet die Stadt vom Wasser aus, mal wie ein Geist, mal wie ein Kind und manchmal wie eine Voyeurin um das »für das Auge Unzugängliche« einzufangen.
Stück für Stück wird die sich im Laufe der Jahre verändernde Fassade und demografische Struktur der Stadt freigelegt. Die Diskrepanz zwischen dem, was Celebi beschreibt und dem, was aus der Stadt geworden ist, bricht einem das Herz. In Vierteln, die einst von Armenier*innen, Griech*innen, Jüd*innen und anderen Minderheiten bewohnt waren, erinnern heute nur noch Gräber daran, dass sie alle einst zusammenlebten. Dadak bewegt sich mit ihrer poetisch visuellen Reise am Schnittpunkt von Fiktion und Dokumentarischem und besetzt reale Menschen in Rollen, die sie selbst sind. Die Reise in die vielschichtige Vergangenheit und Gegenwart Istanbuls ist ein Erlebnis für alle – ganz egal, ob sie die Stadt bereits gut kennen oder noch nie gesehen haben.
Film
KÖY
Serpil Turhan / Deutschland / 2021 / 90 Minuten / deutsch-türkisch-kurdische Originalfassung, teilweise mit deutschen Untertiteln
So 16.07., 20:30, Kinosaal / Im Anschluss Online-Gespräch mit Serpil Turhan
KÖY ist ein Porträt über drei kurdische Frauen aus verschiedenen Generationen, die in Berlin leben und aus Dörfern im Osten der Türkei stammen. Das Dorf (»Köy« im Türkischen) ist trotz der politischen Veränderungen in der Türkei ein Sehnsuchtsort für alle drei Frauen. Neno, die Großmutter der Regisseurin, pendelt zwischen Deutschland und der Türkei und beobachtet das politische Geschehen in ihrer Heimat mit großer Sorge. Saniye betreibt ein Café in Berlin und träumt davon, in ihrem Geburtsort zu leben, obwohl sie die Risiken kennt, die mit der Rückkehr in ein von Unruhen geprägtes Land einhergehen. Hêvîn, die jüngste Protagonistin, strebt eine Schauspielkarriere an und engagiert sich neben ihrem Studium politisch gegen die Unterdrückung der Kurd*innen. Über einen Zeitraum von mehreren Jahren hat Serpil Turhan intensive Gespräche mit ihren Protagonistinnen geführt, die einen tiefen Einblick in ihre emotionale Welt und in Fragmente ihres Alltags. Ein vielschichtiger Film über die Sehnsucht nach Freiheit, Sicherheit und Zugehörigkeit.