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Platz der Alten Synagoge

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79098 Freiburg im Breisgau
Deutschland

Politische Arbeit und die Liebe zur Musik darf nicht kriminalisiert werden

Stellungnahme zu den Festnahmen am 11.05.2021: 

Liebe Freiburgerinnen und Freiburger, am vergangenen Dienstag, den 11.05.2021 wurde in Sontheim ein kurdischer Aktivist festgenommen. Uns ist es wichtig, Ihnen unsere Sichtweise zu diesen Festnahmen mitzuteilen, und Ihnen die Gründe hierfür zu nennen. Denn es ist nicht das erste Mal, das Aktivisten festgenommen werden, weil Sie sich politisch engagieren. Es ist auch nicht das erste Mal das überflüssige Razzien gemacht werden, das ganze dient dazu, die politische Arbeiten oder eben nur journalistische Tätigkeiten, wie die von Herrn Sait Öztürk zu kriminalisieren. Wir möchten Sie heute über die Hintergründe dieser Festnahmen informieren und ihnen die Sachlage, aus der Sicht der Betroffenen schildern. Innerhalb von einer Woche, wurden drei kurdische Aktivisten inhaftiert. In Nürnberg wurde am 07.05.2021 der kurdische Aktivist Mirza B. festgenommen. Bei der Festnahme wurde dermaßen Gewalt angewandt, dass die Frührentnerin, bei der sich der Aktivist befand, ein Anfall erlitt und mehrere Tage auf der Intensivstation verbringen musste.

 

Am 11.05.2021 hat die Bundesanwaltschaft aufgrund eines Haftbefehls des Bundesgerichtshofs vom 7. Mai in Heilbronn den Aktivisten Abdullah Ö. festnehmen lassen. Der 60 -jährige war in Heilbronn zu Besuch. Einige von Ihnen sind eventuell Zeuge dieser Festnahme geworden. Als würde das alles nicht reichen, hat man seinen Kopf unter einem Fahrzeug geschoben und ihn minutenlang in dieser Position ausharren lassen. Nach der Festnahme wurde die Wohnung von Sait Öztürk durchsucht und verwüstet. Am selben Tag wurde der kurdische Sänger und Songwriter Mazlum Dora in Esslingen festgenommen. Mazlum ist ein berühmter kurdischer Musiker, der sich im kurdischen Gesellschaftszentrum Heilbronn ehrenamtlich engagierte und Kulturprojekte betreute. In der kurdischen Musikszenen ist Mazlum für seine politischen Lieder sehr beliebt und bekannt. Mazlum hat eine Beschädigung des Rückenmarks der Halswirbelsäule. Aufgrund dessen hatte er auch zahlreiche Operationen hinter sich, Platinen wurden Ihm ebenfalls im Halswirbelbereich eingesetzt. In letzter Zeit verschlechterte sich der Zustand von Mazlum und deswegen war er an dem Tag auch in Esslingen, um sich ärztlich untersuchen zu lassen. Obwohl den Beamten sein Gesundheitszustand bekannt war, wurde unser Freund Mazlum ebenfalls auf unmenschlicher Weise festgenommen. Der Gesundheitszustand des Freundes verschlechtert sich Tag für Tag. Sollte die Behandlungen nicht weitergeführt werden, besteht eine große Gefahr für seinen Gesundheitszustand. Man fragt sich natürlich, bei diesem Ausmaß an Gewalt, was diese Menschen gemacht haben könnten, um so einen Umgang zu verdienen? Die Anschuldigung lautet: Die Tätigkeiten der Festgenommenen haben u.a. darin bestanden, Versammlungen zu organisieren, Vereinsmitglieder zur Teilnahme an Veranstaltungen zu mobilisieren und Spendenkampagnen durchgeführt zu haben. Individuelle Straftaten werden ihnen nicht vorgeworfen.

Ihnen wird vorgeworfen, Mitglied in einer „terroristischen“ Vereinigung im Ausland gewesen zu sein. Sie werden wegen den Paragraphe 129b angeklagt. 1993 erließ der Bundesinnenminister Kanther die Verbotsverfügung gegen die Betätigung der Arbeiterpartei Kurdistans PKK in Deutschland. 2010 entschied der Bundesgerichtshof eine Strafverfolgung der PKK nach § 129 b mit der Besonderheit, dass hier das Bundesjustizministerium die Ermächtigung zur Strafverfolgung erteilt, die weder begründet sein muss noch juristisch überprüfbar ist. In anderen Worten: Aktivsten werden festgenommen, weil sie sich an genehmigten, legalen Kundgebungen beteiligen, Sie werden festgenommen, weil sie sich gegen Frauenmorde, Faschismus, Rassismus, Ausbeutung, Krieg, sowie gegen die Kriegspolitik Erdogans und ihrer Verbündeter BRD, Nato und EU positionieren. Sie werden festgenommen, weil sie sich an Spendenkampagne beteiligen, um arme Menschen finanziell zu unterstützen, sowie Neujahresgeschenke für Kinder in den Kriegsgebieten zu kaufen, oder Beatmungsgeräte nach Nordsyrien zu verschicken. Und all das, was wir machen, wird nach dem deutschen Recht, besser gesagt nach dem von Erdogan vordiktierten Gesetzen hier in der BRD als terroristisch eingestuft. Während NATO-Partner wie Türkei in Länder einmarschiert, Krieg begeht, Kinder tötet, Frauen vergewaltigt und Millionen Menschen vertreibt, werden Friedensaktivisten und Demokraten inhaftiert und als Terroristen verurteilt. Seit inzwischen Jahrzehnten erledigen die Strafverfolgungsbehörden geschäftsmäßig und routiniert ihr Geschäft der Repression gegen kurdische Aktivist*innen: festnehmen, anklagen, verurteilen. Es passiert überall, Kurdinnen werden aus Ihrem Alltag gerissen, mitgenommen und weggesperrt. Kurdinnen und Kurden in Deutschland sind der politisch motivierten strafrechtlichen Verfolgung ausgesetzt und ihre Aktivitäten, werden wie in der Türkei - als „Terrorismus“ stigmatisiert und kriminalisiert. Beleg hierfür sind die jüngsten Festnahmen. Sie sollen signalisieren, dass die deutsche Politik mit ihrem antikurdischen, antidemokratischen Kurs fest an der Seite des faschistischen türkischen Regimes steht. Es muss Schluss damit sein, dass Kurdinnen und Kurden den Preis zahlen müssen für diese von wirtschaftlichen und geostrategischen Interessen geleitete Politik der Heuchelei.

Kurdistan Solidaritärskomitee Freiburg

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