Beim Geld hört die Freundschaft bekanntlich auf. Das spürt Resi am eigenen Leib, als die Freunde ihr den Untermietvertrag kündigen. Zu deutlich hat die Protagonistin von Anke Stellings Roman Schäfchen im Trockenen (Verbrecher Verlag, 2018) ihrem vermeintlich liberalen Freundeskreis einen Spiegel vorgehalten. Plötzlich steht sie außerhalb des sozialen Gefüges. Auf Wohnungssuche für eine sechsköpfige Familie. Die von den eigenen Eltern gepredigte Verheißung von Gerechtigkeit, die durch Tüchtigkeit zu Gleichheit führt, entpuppt sich als Illusion, die Resi entlarven will: In einem Brief an ihre Tochter schreibt sie zwischen Wut und Fatalismus vom hochambivalenten Erbe sozialer Herkunft – und davon, wie es ist, gegen innere Scham und äußere Anklage die eigene Geschichte zu erzählen.
Stellings sechster Roman ist ein »Schlag in die Magengrube aller naiven Freunde der Mittelklasse« (Süddeutsche Zeitung), erzählt mit soziologischem Scharfsinn und den Erkenntnisformen des Poetischen: Genauigkeit, Feingefühl und Witz. Ausgezeichnet mit dem diesjährigen Preis der Leipziger Buchmesse.