Der Stühlinger Kirchplatz in Freiburg, der Colombipark und das "Bermudadreieck" sind nahezu täglich Gegenstand der lokalen Medienberichterstattung über "Schlägereien" oder "Raubüberfälle". Die Freiburger Polizei will an diesen Orten sog. "Kriminalitätsschwerpunkte" ausgemacht haben. Nach ihren Lagebildern ist dort ein erhöhtes Kriminalitätsaufkommen festzustellen und auch künftig zu erwarten.
Diese Einordnung hat erhebliche Auswirkungen für die polizeiliche Praxis und eben auch für uns: Anlasslose Identitätsfeststellungen sind in diesen Bereichen ebenso zulässig wie der Einsatz von Videoüberwachung. Mit einem solchen Vorgehen geht die Freiburger Sicherheitspolitik davon aus, dass kriminelles Verhalten mit einem Raumausschnitt in Verbindung steht. Sie folgt damit der Logik der altehrwürdigen Kriminalgeographie. Diese historische Reminiszenz macht ein solches Vorgehen nicht richtiger.
Die Referenten wollen aufzeigen, wie eine sich davon absetzende kritische Kriminalgeographie als Kontrapunkt aussehen könnte. Sie knüpfen an den behaupteten Zusammenhang zwischen „Kriminalität“ und „Raum“ an und hinterfragen diese beiden Variablen: Haben wir es nicht auch hier mit konstruierten Begrifflichkeiten zu tun, die der Wirklichkeit übergestülpt werden und gleichsam eine neue Wirklichkeit entstehen lassen? Passt das Attribut „kriminell“ überhaupt zu einem geographischen „Raum“? Oder wird es nur funktionalisiert und werden diese selbst sehr unklaren Begrifflichkeiten aufgeladen, um die polizeilichen Handlungsbefugnisse zu Lasten der Bürger/innen zu erweitern?
Über diese konkreten Überlegungen dringen die Referenten vor zu der grundsätzlichen Frage nach den Herausforderungen einer kritischen Wissenschaft, die stets ihren Forschungsgegenstand auf darin enthaltene Vorannahmen untersucht.
Wir fragen die Referenten: Handelt es sich bei diesen kritischen Ansätzen um eine schlichte Dekonstruktion herkömmlicher Sichtweisen oder steckt in ihnen auch ein positiver Kern? Und wenn ja: Wie wäre dieser positive Kern zu beschreiben?
Zur Person:
Prof. Dr. iur. Roland Hefendehl ist seit 2004 Inhaber des Lehrstuhls für Kriminologie und Wirtschaftsstrafrecht an der Universität Freiburg und Leiter des gleichnamigen Instituts, aus dem eine Vielzahl von Forschungsarbeiten und Projekten zu Fragen des Strafrechts und dessen gesellschaftlicher Bedeutung hervorgegangen ist.
Jakob Bach ist Rechtsreferendar und Mitarbeiter des Instituts. Er arbeitet an einer Promotion zur Strafbarkeit von Teilnehmern illegaler Märkte.
Die Teilnahme an der Veranstaltung ist wie immer kostenfrei. Wir freuen uns über Ihren Besuch.
Mittwoch, 14. Juni 2017, 20:15 Uhr
Kollegiengebäude I – Raum 1098
Platz der Universität 3, Freiburg
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ur Vorbereitung: Interview nit Roland Hefendehl zur sogenannten Sicherheitspartnerschaft: https://rdl.de/beitrag/kriminalit-tsfurcht-bek-mpft-man-nicht-mit-video…