Back to the Future: Eine Reise zur “German Angst” und des eigenen Inneren. Der Hall der 80er schwebt über den Songs wie das diffuse Gefühl, dass die Welt für immer aus den Fugen geraten ist. Wehr’ ich mich dagegen oder halt’ ich es aus?
25 Jahre nach dem „Ende der Geschichte“ (F. Fukuyama), als Kalter Krieg und Krise endgültig überwunden geglaubt, eine Welt ohne Grenzen zum Greifen nah schien und der Siegeszug der Demokratie unaufhaltsam, klingen diese Gedanken heute wie ein utopischer Witz.
Die Angst vor Krieg, die Angst vor dem Terror, Angst vor „Flüchtlingsströmen“, die Angst vor den Nazis und last but not least natürlich: Die Angst vor der eigenen Zukunft auf diesem blauen Planeten! Sie ist wieder da! Als wäre sie nie weg gewesen. Und während wir erst gestern Nacht den hedonistischen Traum der ewigen Gegenwart zu swingenden 4/4-Beats feierten, werden am Katermorgen danach wieder ziemlich ernsthafte Fragen an die Zukunft gestellt.
Dass Nicolas Sturm auf ANGST ANGST OVERKILL auch keine Antwort auf diese Fragen geben kann, versteht sich von selbst. Aber Sturm weiß das große Unbehagen in seiner Musik aufzuheben. Stilistisch hat sich der Lindenberg-Preis-Gewinner von 2012 (Panik-Preis, sic!) vom Blues-orientiertem, minimalen Garagen-Sound seines Debüts verabschiedet und seine Liebe für den britischen Sound der 80er Jahre wiederentdeckt: Wave-Bässe, Twang-Gitarren und Synth-Flächen lassen einen an die goldenen Zeit von Creation-Records denken, natürlich an The Smiths, an The Cure oder an Pulp, um auch mal eine Band ohne „The“ davor zu denken.
Aber auch eine 50er-Jahre Vorstadt-Romantik liegt in diesen Lieder. Im Timbre seiner Stimme. So wie es einen Morrissey sicher auch nicht ohne den Schmalz eines Roy Orbison oder Buddy Hollys gegeben hätte.
Sturm stellt im melancholischen Wohlklang mit seiner Band auf ANGST ANGST OVERKILL die zentralen Fragen: Wohin mit dem Hass und treffen wir uns heute Abend?! Wie geht es weiter? So gesamtgesellschaftlich gesehen. Und schafft somit etwas, was in diesen Zeiten wichtiger scheint als je zuvor: Ein zärtliches, solidarisches Gefühl von Gemeinschaft.
(Maurice Summen)