Die Fördergesellschaft Handwerk gGmbH in Freiburg (früher Fördergesellschaft der Handwerkskammer Freiburg) hat zum 1. April 2016 Insolvenz angemeldet. Der Betrieb wurde eingestellt, wir MitarbeiterInnen sind frei gestellt.
Die Fördergesellschaft (kurz FöGe) besteht seit 20 Jahren und war vorwiegend im Bildungsbereich für benachteiligte Jugendliche und junge Erwachsene aktiv (Berufsorientierung, Berufsvorbereitung, Ausbildung/Ausbildungsbegleitung, Arbeitsaufnahme). Die Maßnahmen und Projekte wurden vor allem finanziert von Arbeitsagentur oder Jobcentern, von kommunalen Trägern, Stiftungen oder dem Europäischen Sozialfonds.
Die Aktivitäten der FöGe erstreckten sich auf die Bereiche Lörrach/Schopfheim, Freiburg und Ortenau. In den besten Jahren beschäftigte die FöGe über 120 MitarbeiterInnen, zuletzt ca. 80.
Ende 2014 wurde die FöGe von der Handwerkskammer Freiburg (als bisher einzige Gesellschafterin) mehrheitlich an das Christliche Jugenddorfwerk (CJD) verkauft. Die Handwerkskammer wollte das finanzielle Risiko nicht mehr tragen, das CJD sah Chancen, zu expandieren und im Freiburger und Lörracher Bildungs-Markt Fuß zu fassen. Das CJD erhoffte sich, die FöGe unkompliziert und zu ihren Konditionen in ihre eigenen Strukturen eingliedern zu können, was ihr jedoch nicht gelang. Daraufhin wurde die Leitungsebene der FöGe von allen Entscheidungsprozessen ausgeschlossen, zum Teil weggemobbt, und es wurden keine Aktivitäten mehr unternommen, um auslaufende Maßnahmen fortzusetzten bzw. neue Projekte zu akquirieren.
Anfang 2016 war es dann soweit, die Insolvenz wurde von den Geschäftsführern des CJD beantragt. Manche Maßnahmen/Projekte wurden nun vorzeitig beendet, andere werden von neuen Trägern fortgeführt, nur bei wenigen ist es möglich, dass die bisherigen MitarbeiterInnen weiterbeschäftigt werden können. Viele KollegInnen werden nun arbeitslos. Viele unserer TeilnehmerInnen fühlen sich im Stich gelassen, wenn die Maßnahme vorzeitig endet oder sie sich im laufenden Prozess auf neue Rahmenbedingungen mit neue Bezugspersonen einstellen müssen.
Die Arbeit der FöGe war bei Auftraggebern, Kooperationspartnern und Teilnehmern sehr geschätzt. Sie zeichnete sich aus durch Kontinuität, große Erfahrung, hohes Engagement und Vernetztung der MitarbeiterInnen, berufliche Doppelqualifikation der meisten MitarbeiterInnen (z.B. Handwerker und Pädagogen) sowie große Kompetenz und Flexibilität, um neue Projekte kurzfristig zu realisieren.
Wir MitarbeiterInnen schätzten die Arbeit in der Föge aufgrund ihrer flachen Hierarchien, offener Kommunikation, Mitgestaltungs- und Mitbestimmungsmöglichkeiten, tarifliche Bezahlung (TVL), langfristige Beschäftigungsverhältnisse, guten Fortbildungsmöglichkeiten, regelmäßiger Supervision usw. . Durch diese Rahmenbedingungen konnten wir mit hoher Motivation die Arbeit mit den Teilnehmenden gestalten und erzielten gute Erfolge.
Viele kleinere Bildungsträger mussten sich in den vergangenen Jahren schon aus der Benachteiligten-Förderung zurückziehen oder ihre Arbeit ganz einstellen. Die Insolvenz der FöGe ist ein weiteres Beispiel dafür, dass heute kleinere Träger nicht mehr überleben können, wenn sie einen hohen Qualitätsanspruch an ihre Arbeit haben und dies gegenüber ihren Mitarbeitern auch honorieren wollen (tarifliche Bezahlung, Entfristung von Arbeitsverträgen, geringer Anteil von auf Honorarbasis Beschäftigten, Fortbildung, Supervision). Dies wäre allenfalls möglich mit einem finanzstarken Träger im Hintergrund, der für finanzielle Risiken einsteht oder den Betrieb laufend bezuschusst. Verantwortlich dafür ist die Ausschreibungspolitik der öffentlichen Auftraggeber, die zu einer Preisspirale nach unten geführt hat, sowie die Vergabe der Maßnahmen für nur kurze Zeiträume bzw. als Projekte, die immer wieder "neu erfunden werden müssen", obwohl es eigentlich einen Regelförderbedarf gibt. Viel Zeit, Geld und Risiko wird für die laufende Maßnahmen-/Projektakquise gebunden und fehlt dann bei der operativen Durchführung der Arbeit für eine qualitativ hochwertige Qualifizierung, Betreuung/Begleitung der Teilnehmenden.
Wir FöGe-MitarbeiterInnen wollen uns mit der aktuellen Situation noch nicht ganz abfinden und haben am kommenden Donnerstag, 14. April 2016 (13.30 Uhr, ab Hebelstraße 15, Freiburg) eine Demonstration geplant, um unserer Enttäuschung Ausdruck zu geben, und gleichzeitig um bessere Bedingungen in der Sozial- und Bildungsarbeit zu fordern.