Ey, sind die 90 eigentlich offiziell schon Retro? Das fragte ich mich in letzter Zeit öfter und fühle mich wie? Genau: alt! Das kommt wohl, weil ich meine 20er in den 90ern hatte, aber egal. Bejaht man die Frage, dann sind Sex Jams die KönigInnen des innovativen Indie-Retros. Die fünf WienerInnen treiben sich schon seit geraumer Zeit durch die Clubs der Welt (u.a. mit einer ziemlich guten USA-Tour) – haben schon diverse Tonträger veröffentlicht und in die-hard-D.I.Y.-Manier die Aufs & Abs des Indie-Slackertums erfahren. Neben diesem ganzen Rummel, sind 3/5 (Peter, Wolfgang & Rudi) auch noch in derzeit aller Munde seienden Mile Me Deaf zu Gange. Kurz: diese Sex Jams sind gewiefte und trotz ihren jungen Lebensjahren, alte Hasen.
Ihr drittes Album „Catch!“ ist ein Füllhorn von Zitaten aus der guten alten US-Indie-Hochphase, genau diesen besagten 90ern. All diese Pavements und Dinosaurs, die mich so lange begleitet haben. Ebendiese Zitate also starten schon im ersten Song, dem Titelsong „Catch!”, wo Katie im besten „Kool Thing“-Stil Kim Gordon’s Sprechpart interpretiert. Dabei wirken Sex Jams nie sich anbiedernd oder schlicht kopierend – sie erhalten sich stets das seltene Talent, ihren eigenen Senf mit dem anderer zu einem neuen ganz schmackhaften Dip zu mischen.
„Catch!“ trägt vielmehr den Geist besagter Bands in die Neuzeit – es ist herrlich schief, es quietscht und rumpelt, kann Pop und Krach zugleich und holt Instrumente in den Vordergrund, die man schon lange nicht mehr so schön schaurig gehört hat – wie z.B das im Refrain von „Zehn Schilling“ lullende Schifferklavier, was dem Song eine fast Kinderlied-artige Stimmung verleiht. Und die Sex Jams wären nicht die die sie sind, wenn nicht danach mit „The Code“ eine stampfende Noise-Krach-Orgie auf uns losgelassen würde, die mit ihrem Mantra-artigen Mittelpart die Indie-Jünger dieser Welt mit einem verzweifelten „I SAY NO“ erst einschläfert, um ihnen dann mit voller Wucht die Wut entgegenzukotzen! Herrlich!