Organisiert vom Jungen Forum der DIG und dem Referat gegen Antisemitismus des StuRa
27,9 Prozent der Deutschen vertreten einer Umfrage zufolge die Ansicht: „Bei der Politik, die Israel macht, kann ich gut verstehen, dass man etwas gegen Juden hat.“ Genauso viele glauben: „Was der Staat Israel heute mit den Palästinensern macht, ist im Prinzip auch nichts anderes als das, was die Nazis im Dritten Reich mit den Juden gemacht haben.“ Gar 40 Prozent meinen: „Israel führt einen Vernichtungskrieg gegen die Palästinenser.“ Als sich Israel im Sommer 2014 einmal mehr gegen den Raketenterror der Hamas verteidigen musste, kam es in deutschen Städten zu großen Aufmärschen, auf denen Parolen wie „Kindermörder Israel“ und „Jude, Jude, feiges Schwein“ gerufen wurde und es zu tätlichen Angriffen auf pro-israelische Gegendemonstranten kam. Die Polizei griff zumeist nicht ein.
In deutschen Schulbüchern für das Unterrichtsfach Geschichte finden sich Sätze wie: „Israel stellt tagtäglich seine Überlegenheit als Besatzungsmacht demonstrativ zur Schau, indem es palästinensische Häuser zerstört, palästinensischen Grund und Boden beschlagnahmt, die Palästinenser demütigt und ihnen unmenschliches Leid zufügt.“ Sowohl die NPD als auch die Grünen – die sich sonst bekanntlich spinnefeind sind – reichen parlamentarische Anträge ein, in denen eine Kennzeichnungspflicht für Produkte aus den israelischen Siedlungen gefordert wird; andere wollen sogar einen Warenboykott. Die EU-Kommission hat diese Kennzeichnungspflicht inzwischen beschlossen; sie gilt ausschließlich für israelische Erzeugnisse. Deutsche Medien wie die Stuttgarter Zeitung und die Badische Zeitung veröffentlichen Karikaturen, die den israelischen Premierminister als Giftmischer zeigen, und Kommentare, in denen behauptet wird, er führe „die ganze Welt am Gängelband eines anschwellenden Kriegsgesangs“.
Die sogenannte Israelkritik ist populär – man könnte sagen: geradezu unheimlich populär –, in der Bevölkerung, in der Politik, in den Medien. Zwar versäumt es kaum jemand, Israel mit großer Geste ein Existenzrecht zuzusprechen – doch in der Praxis bleibt davon nicht viel übrig, wenn dem jüdischen Staat de facto das Recht abgesprochen wird, sich gegen die Angriffe seiner Feinde zur Wehr zu setzen. Mehr noch: Diesen Feinden wird oftmals auffällig viel Verständnis entgegengebracht. Aber warum ist das so? Was treibt die „Israelkritiker“ an? Und was wollen sie erreichen?
Alex Feuerherdt ist freier Publizist und lebt in Köln. Er schreibt regelmäßig für verschiedene Zeitungen und Zeitschriften zu den Themen Antisemitismus und Nahost, unter anderem für die Jüdische Allgemeine, konkret, den Tagesspiegel.de und die Jungle World. Zudem ist er Betreiber des Blogs "Lizas Welt"."