Woran liegt es, dass ein „freiheitsliebender 19-jährigern Möchtegern-Akademiker“, der sich in seinem ersten Semester an der PH Freiburg „lustvoll mit der Lyrik des Mittelhochdeutschen beschäftigt, die in Jamben verfassten Dramen Schillers und Goethes genossen, sich in Geologie und Glazialmorphologie fortgebildet und zudem mit Erziehungsfragen in Zeiten der Adoleszenz auseinandergesetzt hatte“ nicht nur ein sehr engagierter Lehrer wird? Sondern, wie der Spiegel im Januar 2023 titelte, auch der „bekannteste Pazifist und Rüstungsgegner des Landes“?
Jürgen Grässlin, zudem ein fundierter Rechercheur und Publizist in Sachen Waffenexporte, legt nun seine politische Biografie vor. Sie ist ab heute, 14. Juni 2023 im Handel.
In dem Buch ist nachzuvollziehen, was Grässlin dazu bewegt hat, der zu werden, der er heute ist und was er im Lauf von mehr als 40 Jahren selbst bewegt hat. Nicht immer nur als Einzelner, wie der Untertitel seines Buchs nahelegt, aber immer als einer, der sich eingemischt und viele friedens- und abrüstungspolitische Initiativen vorangebracht hat. Und der zur Stimme, zum Gesicht von Bewegungen wurde, die aller Rüstung kritisch gegenüberstehen und jeglichen Krieg ablehnen. Am Anfang seines Werdegangs, erinnert er sich, standen einige Schlüsselerlebnisse. Etwa, dass man bei der Bundeswehr, zu der er 1977 eingezogen wurde, auch als Sanitäter an Schießübungen teilnehmen muss – Kopfschusstraining inbegriffen. Und dass er es nicht über sich brachte, zwischen die Augen der Gesichtsattrappe zu zielen und abzudrücken. Niemals würde er dies tun, wurde ihm damals klar - er verweigerte des Kriegsdienst nachträglich und sagt heute, dass die Bundeswehr ihn zum Pazifisten gemacht habe. Seither ist er deutschen Waffenschmieden auf der Spur, die weltweit und oft auch illegal mit mörderischem Kriegsgerät handeln; drei davon hat er erfolgreich vor den Bundesgerichtshof gebracht.
Grässlins Buch ist aber nicht nur eine Aufarbeitung seiner Kampagnen gegen Heckler & Koch, Daimler-Chrysler, Rheinmetall und andere. Es ist ein Bekenntnis zu einer friedlichen Welt, verbunden mit der Verpflichtung, „schreiendes Unrecht zu verhindern“ und die Täter zur Verantwortung zu ziehen. Es ist zudem auch ein erhellendes Stück Zeitgeschichte und ein optimistisches Mutmachbuch mit konkreten Handlungsanleitungen für künftige Aktivist:innen.
Am Mittwoch, 28. Juni, 19 Uhr ist Grässlin zur Lesung in der Mensa der Hebelschule, Engelbergerstr. 2, 79098 Freiburg; Eingang Eschholzstraße (über den Schulhof)
