Laterna Magika

Gottfried Wilhelm Leibniz schreibt 1697 an seinen Herzog, dass im „Ursprung der Zahlen [...] durch deren Ausdrückung blos und allein mit Eins und mit Nulle oder Nichts alle Zahlen entstehen“, was die Allmacht Gottes beweise, „Alles aus Nichts“, also die Eins aus der Null zu machen. Die theologischen Mucken des von Leibniz entdeckten Binärcodes verwirren auch noch 300 Jahre später die Geister. Während „Transhumanisten“ wie Ray Kurzweil in einer Neuauflage von Selbstabschaffungsfantasien der 60er Jahre Kybernetik von einer digitalen Beseelung der Materie träumen, die sich in Zukunft ohne den Menschen reproduziert, sehen andere Computer und Internet als Rettungsanker des Liberalismus: als unsichtbare Hand, die eine funktionierende und gerechte Güterverteilung organisiert und zitieren dabei das Moore'sche Gesetz exponentiellen Rechnerwachstums wie eine Antwort auf den tendenziellen Fall der Profitrate. Die Kritik am digitalen Kapitalismus verheißt auch nichts Gutes: Unter dem Titel Warum wir jetzt kämpfen müssen ruft Martin Schulz die Europäer zu den Waffen im Kampf gegen us-amerikanische Monopolisten, der Preisträger des deutschen Buchhandels, Jaron Lanier, hofft dagegen nach dem Motto „Das Kapital bin ich“ auf eine Hyperökonomisierung auch noch des letzten Informationspartikels.

Es spricht Torsten Liesegang (Freiburg), der 2002 den Band Liter@tur. Computer, Literatur, Internet herausgegeben hat.

Um 20 Uhr in der Laterna Magika, Günterstalstr. 37

Vortrag